In diesem Abschnitt seien alle Vektorräume , etc. über den Körper der komplexen Zahlen.
20.5.1 Lemma.
Es sei
und
-differenzierbar,
dann ist
ebenfalls
-differenzierbar.
Wir werden in (20.5.10) zeigen, daß -differenzierbare Abbildungen -sind, also sind auch all ihre Ableitungen -differenzierbar.
Beweis. Wir müssen zeigen, daß -linear ist. Sei also . Dann ist
Satz von Schwarz (19.1.7) | ||
20.5.2 Satz über gewöhnliche komplexe
Differentialgleichung.
Es sei
und in beiden Variablen
-differenzierbar.
Dann existiert lokal eine
-differenzierbare Funktion
mit
und
.
Beachte, daß wenn noch -differenzierbar von weiteren Parametern abhängt, so gilt dies auch für die Lösung und diese hängt auch -differenzierbar von den Anfangsdaten ab.
Beweis. Wir wenden den Satz von Frobenius auf die Funktion , an. Die Integrabilitätsbedingung ist erfüllt, denn
20.5.3 Folgerung. Komplexe
Stammfunktion.
Es sei
-differenzierbar auf der sternförmigen
Menge
, dann
existiert eine
-differenzierbare Stammfunktion
von
.
Beweis. Dazu müssen wir nur die Differentialgleichung lösen, diese hat nach (20.5.2) eine -differenzierbare Lösung. []
Zu definieren wir eine 1-Form durch . Dabei bezeichnet die -linearen (stetigen) Abbildungen .
20.5.4 Satz. Komplexe
Kurvenintegral.
Es sei
und
stetig. Dann existiert
Beweis. Aus , und folgt
Beispiel.
Für
mit
und der Parametrisierung
für
des Kreises
mit Radius
und Mittelpunkt
ist
20.5.5 Cauchy'sche
Integralsatz.
Es sei
-differenzierbar und
sternförmig.
Dann ist
wegunabhängig.
Beweis von (20.5.5). Jedes definiert eine 1-Form vermöge . Falls -differenzierbar ist, so erfüllt die Integrabilitätsbedingung, da . Also folgt aus (20.4.4), daß exakt ist und aus (20.4.5), daß das Kurvenintegral wegunabhängig ist. []
20.5.6 Satz von Morera.
Vgl. (20.5.11)
Es sei
stetig,
zusammenhängend und
wegunabhängig. Dann ist
, wobei
eine Kurve ist, die
mit
verbindet, eine
-differenzierbare Stammfunktion. Für jede Stammfunktion
von
gilt:
.
Beweis. Aus (20.4.8) folgt die Existenz der Stammfunktion, und da deren Ableitung -linear ist, ist sie -differenzierbar nach (19.2.13). []
20.5.7 Hilfssatz.
Es sei
auf einen Kreisring
-differenzierbar und
für
die beiden
positiv durchlaufenen Randkreise.
Dann ist
.
Beweis. Da das Kurvenintegral lokal wegunabhängig ist, können wir das Integral über die äußere Peripherie durch jenes über die Innere ersetzen (der zweimal verschieden orientierte Verbindungsweg trägt nichts bei). Also verschwindet das Integral über den gesamten (richtig durchlaufenen) Rand. []
Beachte, daß dieser Beweis auch funktioniert, wenn die Randkreise des Kreisrings nicht konzentrisch sind.
20.5.8 Cauchy'sche
Integralformel.
Es sei
-differenzierbar auf der offenen Menge
und
eine Kreisscheibe in
. Dann ist
Beweis.
Bild | ||
für Radius |
20.5.9 Satz. Kurvenintegral
ist stetig.
Es sei
,
stetig und konvergiere glm.
gegen
, dann gilt:
Beweis. Wegen folgt dies aus den entsprechenden Satz für einfach-Integrale. []
20.5.10 Entwicklungssatz &
Cauchy'sche Ableitungsformeln.
Es sei
-differenzierbar, dann ist
am Inneren der größten Kreisscheibe in
um
einen gegebenen Punkt in einen Potenzreihe entwickelbar.
Jede
-differenzierbare Funktion ist
und
Beweis. Aus (20.5.9) folgt wegen der glm. Konvergenz von
20.5.11 Satz von Morera.
Ist
stetig mit wegunabhängigen Integral auf einer zusammenhängenden offenen
Menge,
so ist
-differenzierbar.
Beweis. Nach (20.5.6) existiert eine -differenzierbare Stammfunktion, nach (20.5.10) ist und wegen (20.5.1) ist -differenzierbar. []
20.5.12 Satz. Holomorphie
via Potenzreihen.
Es sei
offen, dann ist
genau dann in eine
Potenzreihe lokal um
entwickelbar, wenn es eine
-differenzierbare Fortsetzung
auf eine Umgebung von
in
gibt.
Beweis. ( ) nach (20.5.10).
( ) Nach (19.2.3) konvergiert die Potenzreihe auch für komplexe Argumente. Die Summenfunktion ist dann wegen (19.2.10) -differenzierbar. []
20.5.13
Identitätssatz für komplex-differenzierbare Funktionen.
Falls zwei
-differenzierbare Funktionen auf einer zusammenhängenden Menge
auf einer in der Menge konvergenten Folge
übereinstimmen, so sind sie ident.
Beweis. Wir betrachten die Menge aller Punkte, die eine Umgebung besitzen auf der . Der Grenzwert gehört zu dieser Menge wegen dem Identitätssatz für Potenzreihen (19.2.10). Die Menge ist nach Definition offen und sie ist abgeschlossen, aus dem gleichen Argument wie für . Da der Definitionsbereich zusammenhängend ist, ist diese Menge der ganze Bereich, denn das Urbild dieser Menge unter einer stetigen Kurve wäre dann offen und abgeschlossen in also ganz . []
20.5.14 Maximumprinzip.
Es sei
auf einer zusammenhängenden Menge
-differenzierbar und nicht konstant,
dann besitzt
kein Maximum.
Beweis. Es genügt zu zeigen, daß eine -differenzierbare Funktion , die ein Maximum besitzt, konstant ist. Sei also für alle . Wir zeigen zuerst, daß . Dazu nehmen wir indirekt an, daß ein existiert mit . Wir verbinden und mit einem Polygonzug , und nehmen minimal, s.d. . Sei Dann existiert beliebig nahe ein mit . Sei der Kreis mit Mittelpunkt und Radius . Dann ist für nahe (auf einen Bogen der Länge ) und somit ist
20.5.15 Hilfssatz.
Eine
-differenzierbare Funktion ist genau dann konstant, wenn
es ist.
Beweis. Für ist das trivial. Sei also für . Dann ist
20.5.16 Satz von
Liouville.
Jede beschränkte
-differenzierbare Funktion auf ganz
ist konstant.
Beweis. Aus für alle und der Cauchy'schen Formel (20.5.10) für einen Kreis um mit Radius folgt . Mit folgt und somit ist nach (20.4.5) konstant. []
Andreas Kriegl 2002-07-01