19.1.1 Definition. Zweite Ableitung.
Wir wollen nun die 2. Ableitung einer Funktion
definieren.
Für
war die Ableitung von
bei
eine lineare Abbildung
(also
)
und bei variierendem
ist für differenzierbares
die Ableitung
eine Abbildung
.
Falls dies im Punkte
seinerseits differenzierbar ist, also
als lineare Abbildung existiert, so können wir
auch als bilineare Abbildung
auffassen (siehe (17.2.2)),
und welche wir mit
bezeichnen.
Falls
auf ganz
differenzierbar ist, so nennen
wir
zweimal differenzierbar. Die Ableitung
von
ist dann
eine Abbildung
und vermöge
der Identification von
mit
aus (17.2.2)
erhalten wir eine Abbildung
die sogenannte zweite Ableitung von
gegeben durch
Rekursiv nennen wir -mal (stetig) differenzierbar, falls -mal (stetig) differenzierbar ist. Wir schreiben dafür ( ). Schließlich heißt glatt (kurz ), wenn beliebig oft differenzierbar ist.
Unter der -ten Ableitung einer -mal differenzierbaren Funktion versteht man
Wegen können wir wie folgt durch iterierte Richtungsableitungen berechnen:
Wir benötigen zuerst den folgenden Spezialfall der Kettenregel für höhere Differenzierbarkeit.
19.1.2 Lemma. Kettenregel für lineare äußere Funktion.
Es sei
linear und
. Dann ist
.
Beweis. Für wissen wir, daß und da linear ist, können wir Induktion anwenden. []
Folglich ist die Differenzierbarkeitsklasse zweier Abbildungen gleich, falls diese auf einem linearen Isomorphismus der Bildräume gleich sind, Wir wollen die Bezeichnung benützen, wenn ist für irgendeinen natürlichen linearen Isomorphismus zwischen den Bild-Räumen.
19.1.3 Lemma. Kettenregel für höhere
Differenzierbarkeit.
Beweis. Induktion bezüglich der Differentiationsordnung :
Für erhalten wir die Resultate durch Induktion, denn wenn ist, so ist . []
Beachte, daß wir für affine und bilineare Abbildungen (1) direkt zeigen könnten ohne die Kettenregel zu benützen, denn die Ableitung einer bilineare Abbildung ist linear und, die einer linearen Abbildung ist konstant. Jedoch ist die Ableitung eine 3-linearen Abbildung nicht bilinear!
19.1.4 Lemma. Differenzierbarkeit in Schritten.
Es sei
und
und
.
Dann gilt:
ist | ist und ist | |
ist | ist und ist |
Beweis. Wir zeigen dies durch Induktion nach . Für ist nichts zu zeigen.
nach Definition | ||
nach Induktions-Voraussetzung | ||
nach Definition |
nach Definition | ||
nach Induktions-Voraussetzung | ||
nach Definition |
Für stetige Differenzierbarkeit haben wir nur zu zeigen, daß . O.B.d.A. sei . Dann ist wegen und daher und . Somit ist , d.h. . []
Wir wollen als nächstes (17.3.1) auf höhere Differenzierbarkeit verallgemeinern, d.h. aus der Existenz der iterierten partiellen Ableitungen und einer geeigneten Stetigkeitsbedingung auf schließen.
19.1.5 Proposition. Höhere Differenzierbarkeit via partielle
Ableitungen.
Es ist
genau dann
, wenn
alle iterierten partiellen Ableitungen
mit
existieren und stetig sind.
Weiters haben wir dann
Beweis. Man zeigt dies mittels Induktion wie in (17.3.3), denn ist -linear und somit ist
19.1.6 Beispiel. Zweite Ableitung.
Es sei
gegeben durch
.
Dann ist
Wer sich wundert, daß man für die zweite Ableitung auch gemischte partielle Ableitungen wie berücksichtigen muß, betrachte folgendes Beispiel:
Bei festem beschreibt eine Gerade mit Anstieg und analog für . Die iterierten Ableitungen und sind also überall 0. Wenn wir die Funktion nun mittels einer Rotation um drehen, also anstelle der standard Koordinatenrichtungen und die um gedrehten Richtungen verwenden und somit wegen
Parallel zu den neuen Koordinatenachsen und wird nun durch Parabeln beschrieben und sowohl als auch verschwinden nicht mehr. Mittels Kettenregel erhalten wir
Man beachte, daß in diesen Beispielen gilt. Daß dies ziemlich allgemein der Fall ist, zeigt folgender Satz:
19.1.7 Satz von Schwarz.
Es sei
und
gegeben. Wir nehmen an,
daß
,
und
existieren und stetig in
sind. Dann existiert
und stimmt überein mit
.
Beweis. Es ist
Beispiel.
Betrachte
Dann existiert
für alle
, aber
.
In der Tat
,
und daher erhalten wir
.
Folgerung.
Es sei
. Dann ist
symmetrisch für alle
.
Beweis. Wir zeigen dies mittels Induktion nach . Für ist das (19.1.7), denn gilt, wobei .
Für haben wir
Bemerkung.
Es sei
-mal differenzierbar. Dann ist nach
(19.1.5)
Andreas Kriegl 2002-07-01