20.4.1 Satz von Frobenius
für totale Differential-Gleichungen.
Es sei
für irgendein
.
Dann existiert lokal eine differenzierbare
Lösung
der totalen Differentialgleichung
Bemerkung.
Für
sei
, dann ist
die totale Differentialgleichung
gleichbedeutend
mit
folgendem
System partieller Differentialgleichungen
Beweis.
Für sei eine lokale Lösung obiger Differentialgleichung mit Anfangsbedingung . Dann ist stetig und nach der Kettenregel ist mit
Es sei
fix.
Wir führen die totale Differentialgleichung
auf eine gewöhnliche zurück.
Es sei
fix.
Wir nehmen vorerst an, daß eine lokale Lösung
der totalen Differentialgleichung mit Anfangswert
existiert und setzen
.
Dann gilt
Wir betrachten nun den Spezialfall, wo nur vom ersten Faktor abhängt:
20.4.2 Folgerung.
Stammfunktion im Mehrdimensionalen.
Es sei also
. Dann ist
es existiert lokal ein
mit
und
, d.h.
; also ist
lokal eine
Stammfunktion von
.
20.4.3 Definition. 1-Form.
Eine 1-Form ist eine Abbildung
. Sie heißt
exakt, falls
es eine Stammfunktion auf ganz
, d.h. eine
differenzierbare Abbildung
gibt, mit
.
Wenn differenzierbar ist, dann schreibt man auch für die exakte 1-Form die durch die Ableitung gegeben ist. Für und die lineare Koordinatenprojektion erhält man insbesonders die exakte 1-Form die an jeder Stelle durch gegeben ist.
Eine allgemeine 1-Form kann für nun wie folgt geschrieben werden:
Ist , dann ist , also gerade die -te partielle Ableitung von und
20.4.4 Theorem. Exakte
1-Formen.
Es sei die 1-Form
exakt und
. Dann ist
Eine Menge heißt sternförmig, wenn ein Punkt existiert, s.d. für alle die Verbindungsstrecke in enthalten ist.
Beweis. folgt sofort aus dem Satz von Schwarz (19.1.7).
Der Satz von Frobenius liefert uns nur eine lokale Stammfunktion. Der Grund dafür war, daß im Beweis eine lokale Lösung einer gewöhnlichen Differentialgleichung war. Da im vorliegenden Fall aber nicht vom Faktor abhängt, ist die entsprechende Differentialgleichung:
Wenn exakt ist, dann können wir die Stammfunktion von auch direkt one den Satz von Frobenius wie folgt bestimmen:
20.4.5 Proposition.
Stammfunktion via Kurvenintegral.
Es sei
.
Dann ist
Beweis. Nach Kettenregel und Hauptsatz gilt:
Dies führt dazu auch für allgemeine 1-Formen das Integral längs Kurven wie folgt zu definieren:
20.4.6 Definition. Kurvenintegral.
Es sei
und
eine stetige 1-Form.
Dann ist das Kurvenintegral
wie folgt definiert:
20.4.7 Proposition.
Reparametrisierungsinvarianz des Kurvenintegrals.
Das Kurvenintegral ist Reparametrisierungs-invariant.
Es sei
und
mit
und
, und
eine stetige 1-Form.
Dann ist
Beweis.
20.4.8 Theorem. Exaktheit via
Wegunabhängigkeit.
Es sei
eine stetige 1-Form auf einer
zusammenhängenden offenen Menge.
Dann ist
genau dann exakt, wenn
ihr Kurvenintegral wegunabhängig ist, d.h. nur von den Endpunkten der Kurve
und nicht ihres Aussehens dazwischen abhängt.
Als Stammfunktion können wir
definieren, wobei
eine
-Kurve von
nach
ist.
Weiters ist die Stammfunktion bis auf eine additive Konstante eindeutig.
Definition.
Eine offene Menge
heißt zusammenhängend
zu je zwei Punkten
existiert ein Polygonzug, welcher
die beiden Punkte verbindet.
Wenn
Kurven sind, die an den Endpunkten
übereinstimmen (d.h.
),
so definieren wir die Kurve
durch
. Ein Polygonzug ist also
,
wobei die
die affinen Verbindungsstücke der Ecken sind.
Die Segmente des Polygonzugs können durch -parametrisiert werden. Die Ableitungen an der Ecken stimmen aber nicht überein, also liefert keine differenzierbare Parametrisierung. Aber wir können die vermöge , umparametrisieren. Wegen und können wir bilden. Wegen verschwindet und den Randpunkten und somit ist . Also können wir den Polygonzug parametrisieren. Es geht sogar , wenn wir so wählen, daß alle Ableitungen am Rand des Intervall verschwinden.
Beweis. Wenn exakt ist, so ist das Kurvenintegral wegunabhängig nach (20.4.5).
Eindeutigkeit: Es seien für zwei Stammfunktionen. Dann ist die Differenz differenzierbar mit Ableitung . Sei und in beliebig und eine -Kurve in , die mit verbindet. Dann ist .
( ) Umgekehrt sei beliebig und eine -Kurve die mit verbindet. Dann setzen wir . Für sei weiters . Dann ist für alle kleinen und
Beispiel.
Es sei die 1-Form
gegeben durch
, wobei
Wir können einen beliebigen Punkt durch die affine -Kurve mit verbinden. Also ist
Wir können aber auch Achsen-parallele Wege verwenden:
Ebenso können wir folgende Achsen-parallele Wege verwenden:
Andreas Kriegl 2002-07-01