Wir wollen nun die wesentlichen gemeinsamen Eigenschaften der Ebene und des Raumes zum zentralen Begriff des Vektorraumes zusammenfassen.
Punkte in der Ebene oder auch Punkte im Raum können wir (koordinatenweise) addieren und auch mit skalaren (koordinatenweise) multiplizieren.
Wir fassen die wesentlichen Eigenschaften dieser beiden Operationen `` '' und `` '' in folgender Definition zusammen.
8.1 Definition.
Ein reeller Vektorraum
ist eine Menge
zusammen mit zwei
Operationen (d.h. Abbildungen)
(genannt Addition)
und
(genannt Skalarmultiplikation) für die folgendes
gilt:
und |
und |
und |
8.3 Bemerkung.
Anstelle Skalare in
zu verwenden können wir aber auch einen beliebigen
Körper
(wie z.B.
,
,
,
, etc. ) verwenden.
Eine Menge
mit zwei Operationen
und
die obige Eigenschaften eines reellen Vektorraums
mit Skalaren in
statt in
erfüllen heißt Vektorraum über
.
Wie zuvor ist ein Vektorraum über für jede Menge . Ebenso ist die Menge der Polynome mit Koeffizienten in eine Vektorraum über .
Insbesonders für ist also ein Vektorraum und da die Elemente gerade durch charakterisiert sind, steht in Bijektion zur Potenzmenge von , und somit ist diese ein Vektorraum über wobei die Summe von Mengen und gerade die symmetrische Differenz ist. In (11.12) werden wir diesen Vektorraum für das Korrigieren von Übertragsfehlern benötigen.
8.4 Lemma.
In jedem Vektorraum gilt
Beweis. Dieser Beweis ist völlig analog zu jenem von (2.6):
Es ist und nach Addition von folgt .
Ebenso ist und somit .
Weiters ist und somit ist .
Ebenso ist , also . []
8.5 Definition.
Unter einem Teilvektorraum oder auch linearen Teilraum
von
(man schreibt
)
versteht man eine Teilmenge
welche durch die Operationen
und
von
eingeschränkt auf
(genauer auf
bzw.
)
zu einem Vektorraum gemacht werden.
8.6 Lemma.
Eine nicht-leere Teilmenge
eines Vektorraums
ist genau dann
ein Teilvektorraum, wenn
aus
,
folgt.
Beweis. ( ) Damit und die Menge zu einem Vektorraum machen muß zumindestens und sein für und . Also ist auch .
( ) Umgekehrt sei für alle und . Dann ist insbesonders und wenn ist, dann ist und somit auch für . Also lassen sich die Addition und die Skalarmultiplikation zu Abbildungen und einschränken. Da diese alle nötigen Eigenschaften sogar für Punkte in erfüllen ist bezüglich diesen ein Vektorraum. Beachte, daß für alle gilt. []
8.7 Beispiel.
Wir betrachten eine Ebene
durch 0 im Raum
, wobei
ein vorgegebener (Normal)vektor
(auf sie) sei. Nach (8.6) ist
ein Teilvektorraum von
, denn aus
und
folgt
Ganz ähnlich zeigt man, daß die Lösungsmenge jeder homogenen linearen Gleichung
8.8 Folgerung.
Es sei
eine Menge von Teilvektorräumen
. Dann ist auch der
Durchschnitt
ein Teilvektorraum von
.
Beweis. Es sei , also für alle . Nach (8.6) ist auch und somit . Wegen folgt aus (8.6), daß ein Teilvektorraum ist. []
8.9 Beispiel.
Geraden
durch 0 im
können ja bekanntlich als Durchschnitte
von Ebenen
(durch 0) beschrieben werden, also sind solche Geraden ebenfalls
Teilvektorräume.
Gleiches gilt für die Lösungsmenge eines Systems homogener linearer Gleichungen:
8.10 Bemerkung.
Ebenen in allgemeiner Lage sind Lösungsmengen
inhomogener
linearer Gleichungen
mit
.
Nach Wahl eines Punktes
ist
beschreibbar als
wobei
die Lösungsmenge
der zugehörigen homogenen Gleichung
ist,
denn sei
, also
und somit
, wobei
, d.h.
.
Umgekehrt sei
, d.h.
mit
, dann
ist
, also
.
8.11 Definition.
Unter einen affinen Teilraum eines Vektorraums
versteht man eine
Teilmenge der Form
von
, wobei
und
ein Teilvektorraum
von
ist.
8.12 Bemerkung.
Im Unterschied zu Durchschnitten sind Vereinigungen von Teilvektorräumen
selten wieder Teilvektorräume: Betrachte z.B. die Vereinigung zweier
verschiedener Geraden
und
durch
0 in
.
Hingegen ist folgende
Menge
das passenden Pendant zur Vereinigung für Teilvektorräume.
8.13 Definition.
Es seien
. Dann versteht man unter der Summe von
und
die Menge
8.14 Lemma.
Es seien
zwei Teilvektorräume.
Dann ist
auch ein Teilvektorraum von
, und zwar der kleinste, der
und
enthält.
Beweis. Seien , d.h. es existieren und mit und . Sei weiters , dann ist . Nun folgt die Teilraumeigenschaft aus (8.6).
Offensichtlich ist , da liegt. Sei nun ein weiterer Teilraum von mit dieser Eigenschaft anstelle von , dann ist und somit auch für alle und , also . Dies zeigt, daß der kleinste Teilvektorraum mit dieser Eigenschaft ist. []
8.15 Definition.
Es sei
eine Teilmenge. Unter den von
erzeugten
Teilvektorraum oder auch das lineare Erzeugnis
versteht man den kleinsten Teilvektorraum von
der
enthält, also nach (8.8) gerade den Durchschnitt aller Teilvektorräume
mit
.
8.16 Lemma.
Der von einer Teilmenge
erzeugte Teilvektorraum ist durch
Geometrische ist eine Linearkombination jener Vektor der dadurch entsteht, daß man lange in Richtung geht, danach lange in Richtung , u.s.w. bis man schließlich lange in Richtung geht.
Beweis. Wir können bei den Linearkombinationen annehmen, daß die alle verschieden sind, denn andernfalls kann die Teilsumme jener , wo ist, auch als
Wir wollen also zeigen, daß
Wir bezeichnen die Menge auf der rechten Seite mit . Dann ist eine Teilvektorraum, denn mit und ist auch . Mittels Induktion folgt aber sofort, daß jeder Teilvektorraum der enthält auch jede endliche lineare Kombination enthalten muß, also ist der kleinste solche Teilvektorraum ist und somit gilt nach Definition (8.15). []
8.17 Folgerung.
Es ist
genau dann ein Teilvektorraum, wenn
ist.
Beweis. ( ) Ist ein Teilvektorraum, so sicherlich auch der kleinste, der als Teilmenge enthält, also .
( ) ist klar, da ein Teilvektorraum ist. []
8.18 Bemerkung.
Es ist
die Summe
zweier Ebenen,
z.B.
und
, aber
die Darstellung von
als
mit
ist nicht eindeutig:
Eindeutigkeit kann wie folgt charakterisiert werden.
8.19 Lemma.
Es seien
zwei Teilräume.
Dann ist für alle
die Darstellung als
mit
genau dann eindeutig, wenn
.
Man schreibt
anstelle
in dieser Situation, und nennt
diesen Raum die direkte Summe von
und
.
Falls
, so nennt man
einen Komplementärraum zu
in
.
Beweis. ( ) Es sei , dann sind zwei Darstellungen von und wegen der Eindeutigkeit ist (und ), also das einzige Element von .
( ) Seien zwei Darstellungen von . Dann ist und wegen ist also , also und , d.h. die Darstellung ist eindeutig. []
8.20 Bemerkung.
Ein Teilvektorraum
von
wird im allgemeinen viele
Komplementärräume besitzen. Sei z.B.
und
die
x-Achse. Die Komplementärräume
zu
sind alle von
verschiedenen Geraden
durch 0.
Andreas Kriegl 2002-02-01