2 Grundlegende Algebra

Wir wollen als nächstes die verschiedenen Typen von Zahlen behandeln, insbesonders fixieren wie man mit ihnen rechnen kann, und klären wie sie definiert sind. Am wichtigsten dabei sind wohl die reellen Zahlen, die man ja geometrisch als Punkte auf einer in beide Richtungen unendlich langen Gerade auffassen kann.


2.1 Definition.
Reelle Zahlen werden im täglichen Leben üblicherweise als Dezimalzahlen beschrieben, also als ein Vorzeichen \bgroup\color{demo}$ +$\egroup oder \bgroup\color{demo}$ -$\egroup gefolgt von einer (möglicherweise) unendliche Folgen von Ziffern in \bgroup\color{demo}$ \{0,1,2,3,4,5,6,7,8,9\}$\egroup die noch irgendwo durch einen Dezimalpunkt unterbrochen werden. Beachte aber, daß es verschiedene Darstellungen der gleichen Dezimalzahl gibt, z.B. \bgroup\color{demo}$ -0001.=-1.$\egroup. Führende Nuller zu verbieten ist keine gute Idee, denn z.B. für \bgroup\color{demo}$ +0.001$\egroup benötigt man sie. Weiters ist \bgroup\color{demo}$ 1.0=0.999999\dots$\egroup.

Eine exakte Beschreibung werden wir in (6.4) liefern.

Mit \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup bezeichnen wir wie üblich die Menge aller reeller Zahlen. Was kann man mit reellen Zahlen anfangen? Nun offensichtlich können wir sie vergleichen, d.h. wir haben eine lineare Ordnung \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup auf \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup. Weiters können wir reelle Zahlen addieren und multiplizieren und es gelten die kommutativ- und assoziativ-Gesetz für Addition und Multiplikation sowie das distributiv-Gesetz

\bgroup\color{demo}$\displaystyle a\cdot (b+c)=a\cdot b + a\cdot c
$\egroup

der Multiplikation bzgl. der Addition. Beachte, daß wir zwecks Vermeidung zuvieler Klammern die Regel verwenden, daß Punktrechnungen stärker binden (also zuerst ausgeführt werden müssen) als Strichrechnungen.

Natürlich besteht eine der Hauptaufgaben des Mathematikers darin Gleichungen zu lösen. Insbesonders können wir Gleichungen der Form

\bgroup\color{demo}$\displaystyle a=x+b$\egroup    und \bgroup\color{demo}$\displaystyle a=x\cdot b
$\egroup

betrachten. Um nicht für die Addition und für die Multiplikation (und auch für einige andere Operationen) die gleichen Argumente mehrmals durchführen zu müssen, ist es am günstigsten das Gemeinsame herauszuarbeiten. Wir haben also in einer Grundmenge \bgroup\color{demo}$ X$\egroup (in unserem Fall \bgroup\color{demo}$ X=\mathbb{R}$\egroup) eine Operation \bgroup\color{demo}$ \bullet:X\times X\to X$\egroup (in unseren Fall ` \bgroup\color{demo}$ +$\egroup' bzw. ` \bgroup\color{demo}$ \cdot$\egroup') die assoziativ ist. Wir sind daran interessiert Gleichungen der Form \bgroup\color{demo}$ a=x\bullet b$\egroup bzw. \bgroup\color{demo}$ a=b\bullet y$\egroup mit \bgroup\color{demo}$ a,b\in X$\egroup nach \bgroup\color{demo}$ x$\egroup bzw. \bgroup\color{demo}$ y$\egroup aufzulösen. In unserem Fall ist die Operation kommutativ, also würde es genügen nur eine der beiden Gleichungstypen zu behandeln, aber um hinreichend allgemeine Situationen zu inkludieren (wie z.B. die Komposition) wollen wir von der Kommutativität absehen.


2.2 Definition.
Unter einer Halbgruppe versteht man eine Menge \bgroup\color{demo}$ H$\egroup zusammen mit einer Abbildung \bgroup\color{demo}$ \bullet:H\times H\to H$\egroup welche das assoziativ-Gesetz erfüllt:

\bgroup\color{demo}$\displaystyle \forall x,y,z\in H:\;(x\bullet y)\bullet z=x\bullet (y\bullet z),
$\egroup

wobei wir \bgroup\color{demo}$ x\bullet y$\egroup anstelle von \bgroup\color{demo}$ \bullet(x,y)$\egroup schreiben.

Unter einer Gruppe verstehen wir eine Halbgruppe \bgroup\color{demo}$ (H,\bullet)$\egroup, s.d.

\bgroup\color{demo}$\displaystyle \forall a,b\in H\;\exists x,y\in H: a=x\bullet b$\egroup und \bgroup\color{demo}$\displaystyle a=b\bullet y,
$\egroup

d.h. all diese Gleichungen lösbar sind.


2.3 Beispiele.

  1. Die natürlichen Zahlen sind bezüglich der Addition eine kommutative Halbgruppe $ (\mathbb{N},+)$ mit neutralem Element 0.
  2. Die natürlichen Zahlen sind bezüglich der Multiplikation ebenfalls eine kommutative Halbgruppe $ (\mathbb{N},\cdot)$ mit neutralem Element $ 1$.
  3. Die Potenzmenge einer fixen Menge $ X$ ist sowohl bezüglich Durchschnitt als auch bezüglich Vereinigung eine kommutative Halbgruppe $ (\mathcal{P}(X),\cap)$ bzw. $ (\mathcal{P}(X),\cup)$ mit $ X$ bzw. $ \emptyset$ als neutralem Element.
  4. Die Menge der Abbildungen einer Menge in sich ist bezüglich der Komposition eine (nicht kommutative) Halbgruppe $ (X^X,\o )$ mit der Identität $ \operatorname{id}_X$ als neutralen Element.
  5. Keines dieser Beispielen ist eine Gruppe. Allerdings ist die Teilmenge $ \operatorname{Bij}(X):=\{f\in X^X:f$ ist bijektiv$ \}$ der bijektiven Abbildungen von $ X$ auf $ X$ bezüglich der Zusammensetzung eine Gruppe.




2.4 Proposition.
Eine nicht-leere Halbgruppe \bgroup\color{demo}$ (H,\bullet)$\egroup ist genau dann eine Gruppe, wenn folgende beiden Bedingungen erfüllt sind:

  1. $ \exists e\in H$ $ \forall x\in H$: $ e\bullet x=x$;
  2. $ \forall x\in H$ $ \exists y\in H$: $ y\bullet x=e$, wobei $ e$ ein fixes Element wie im vorigen Punkt sei.
Man nennt \bgroup\color{demo}$ e$\egroup links-neutrales Element und \bgroup\color{demo}$ y$\egroup links-inverses Element zu \bgroup\color{demo}$ x$\egroup. Diese sind in jeder Gruppe eindeutig bestimmt und erfüllen zusätzlich die Gleichungen \bgroup\color{demo}$ x\bullet e=x$\egroup und \bgroup\color{demo}$ x\bullet y=e$\egroup, sind also gleichzeitig auch rechts-neutral und rechts-invers. Es genügt also zusammenfassend von dem neutralen und dem zu \bgroup\color{demo}$ x$\egroup inversen Element (und man schreibt \bgroup\color{demo}$ x^{-1}$\egroup dafür) zu sprechen.

Beweis. ( \bgroup\color{demo}$ \Rightarrow$\egroup) Sei \bgroup\color{demo}$ H\ne\emptyset$\egroup und \bgroup\color{demo}$ c\in H$\egroup. Dann existiert eine Lösung \bgroup\color{demo}$ e$\egroup von \bgroup\color{demo}$ c=e\bullet c$\egroup. Sei nun \bgroup\color{demo}$ h\in H$\egroup beliebig. Dann existiert ein \bgroup\color{demo}$ x\in H$\egroup mit \bgroup\color{demo}$ h=c\bullet x$\egroup. Somit ist

$\displaystyle e\bullet h = e\bullet(c\bullet x) = (e\bullet c)\bullet x =c \bullet x = h.$    

Nun zur Existenz von Inversen. Sei \bgroup\color{demo}$ h\in H$\egroup beliebig. Dann existiert eine Lösung \bgroup\color{demo}$ k$\egroup von \bgroup\color{demo}$ k\bullet h=e$\egroup, also ein Linksinverses zu \bgroup\color{demo}$ h$\egroup.

( \bgroup\color{demo}$ \Leftarrow$\egroup) Wir zeigen zuerst, daß links-neutrale und links-inverse es auch für die rechte Seite sind: Sei \bgroup\color{demo}$ a'$\egroup ein Linksinverses zu \bgroup\color{demo}$ a$\egroup, d.h. \bgroup\color{demo}$ a'\bullet a=e$\egroup. Somit ist \bgroup\color{demo}$ a'\bullet (a\bullet a')=(a'\bullet a)\bullet a'=e\bullet a'=a'$\egroup, und nach Multiplikation mit dem Linksinversen \bgroup\color{demo}$ a''$\egroup zu \bgroup\color{demo}$ a'$\egroup ist \bgroup\color{demo}$ a\bullet a'=e\bullet (a\bullet a')=(a''\bullet a')\bullet (a\bullet a')=
a''\bullet (a'\bullet(a\bullet a'))=a''\bullet a'=e$\egroup.

Weiters ist \bgroup\color{demo}$ a\bullet e=a\bullet (a'\bullet a)=(a\bullet a')\bullet a=e\bullet a=a$\egroup.

Nun zur Eindeutigkeit. Sei \bgroup\color{demo}$ e'$\egroup ein weiteres Linksneutrales. Dann gilt \bgroup\color{demo}$ e=e'\bullet e=e'$\egroup, da \bgroup\color{demo}$ e$\egroup auch rechtsneutral ist. Sei \bgroup\color{demo}$ k'$\egroup ein weiteres Linksinverses zu \bgroup\color{demo}$ h$\egroup, d.h. \bgroup\color{demo}$ e=k'\bullet h$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ k=e\bullet k=(k'\bullet h)\bullet k=k'\bullet (h\bullet k)=k'\bullet e=k'$\egroup, da \bgroup\color{demo}$ k$\egroup auch rechtsinvers und \bgroup\color{demo}$ e$\egroup rechtsneutral ist.

Sei \bgroup\color{demo}$ x:=a\bullet b'$\egroup und \bgroup\color{demo}$ y:=b'\bullet a$\egroup, wobei \bgroup\color{demo}$ b'$\egroup ein Inverses zu \bgroup\color{demo}$ b$\egroup sei. Dann ist \bgroup\color{demo}$ x\bullet b=(a\bullet b')\bullet b=a\bullet (b'\bullet b)=a\bullet e=a$\egroup und \bgroup\color{demo}$ b\bullet y=b\bullet (b'\bullet a)=(b\bullet b')\bullet a=e\bullet a=a$\egroup.

Die Geichungen haben dann sogar eindeutige Lösungen, denn aus \bgroup\color{demo}$ a=x\bullet b$\egroup folgt durch Multiplikation mit dem Inversen \bgroup\color{demo}$ b^{-1}$\egroup zu \bgroup\color{demo}$ b$\egroup die Beziehung \bgroup\color{demo}$ a\bullet b^{-1}=(x\bullet b)\bullet b^{-1}
=x\bullet (b\bullet b^{-1})=x\bullet e$\egroup, und ebenso \bgroup\color{demo}$ b^{-1}\bullet a=b^{-1}\bullet (b\bullet y)
=(b^{-1}\bullet b)\bullet y=e\bullet y=y$\egroup.     []

Achtung: Die Menge \bgroup\color{demo}$ H$\egroup der injektiven Abbildungen \bgroup\color{demo}$ f:X\to X$\egroup ist bezüglich Zusammensetzung \bgroup\color{demo}$ \o$\egroup eine Halbgruppe mit der Identität \bgroup\color{demo}$ \operatorname{id}_X$\egroup auf \bgroup\color{demo}$ X$\egroup als neutralem Element. Zu jedem solchen \bgroup\color{demo}$ f$\egroup existiert nach (1.16) ein links-Inverses. Warum ist \bgroup\color{demo}$ H$\egroup trotz (2.4) dennoch keine Gruppe?




2.5 Lemma.
Falls Elemente \bgroup\color{demo}$ x$\egroup und \bgroup\color{demo}$ y$\egroup einer Halbgruppe \bgroup\color{demo}$ H$\egroup invertierbar sind, so auch \bgroup\color{demo}$ x\bullet y$\egroup und es ist \bgroup\color{demo}$ (x\bullet y)^{-1}=y^{-1}\bullet x^{-1}$\egroup.

Beweis. Es ist \bgroup\color{demo}$ (x\bullet y)\bullet(y^{-1}\bullet x^{-1})=
x\bullet y\bullet y^{-1}\bullet x^{-1}=x\bullet e\bullet x^{-1} =x\bullet
x^{-1}=e$\egroup.     []

Aus der Schule wissen wir von der Existenz neutraler Elemente 0 bzw. \bgroup\color{demo}$ 1$\egroup in \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup bzgl. Addition und Multiplikation, als auch von der Existenz additiver Inverser \bgroup\color{demo}$ -a$\egroup zu \bgroup\color{demo}$ a\in\mathbb{R}$\egroup und multiplikativer Inverser \bgroup\color{demo}$ 1/a$\egroup zu \bgroup\color{demo}$ 0\ne a\in\mathbb{R}$\egroup. Es ist also \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup mit der Addition eine kommutative (oder Abel'sche) Gruppe, und \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}\setminus\{0\}$\egroup eine solche bzgl. der Multiplikation. Wie man deren Existenz wirklich beweisen kann, werden wir in (6.4) skizzieren.

Man nennt eine Menge \bgroup\color{demo}$ X$\egroup mit zwei Operationen \bgroup\color{demo}$ +:X\times X\to X$\egroup (genannt Addition) und \bgroup\color{demo}$ \cdot:X\times X\to X$\egroup genannt Multiplikation) die assoziativ und distributiv sind und für die \bgroup\color{demo}$ (X,+)$\egroup eine Abel'sche Gruppe ist einen Ring. Man schreibt dann 0 für das neutrale Element und \bgroup\color{demo}$ -x$\egroup für das zu \bgroup\color{demo}$ x$\egroup inverse Element bzgl. der Addition. Falls die Multiplikation zusätzlich kommutativ ist, so spricht man von einen kommutativen Ring, und falls ein neutrales Element bzgl. der Multiplikation existiert so schreibt man \bgroup\color{demo}$ 1$\egroup für dieses und spricht von einen Ring mit 1. Ist sogar \bgroup\color{demo}$ X\setminus\{0\}$\egroup bzgl. Multiplikation eine kommutative Gruppe so spricht man von einem Körper und schreibt auch \bgroup\color{demo}$ 1/x$\egroup für das zu \bgroup\color{demo}$ x$\egroup inverse Element bzgl. der Multiplikation.

Zusammengefaßt wissen wir also aus der Schule, daß \bgroup\color{demo}$ (\mathbb{R},+,\cdot)$\egroup ein Körper ist. Die Lösung der Gleichung \bgroup\color{demo}$ a=x+b$\egroup ist somit durch \bgroup\color{demo}$ x:=a+(-b)=:a-b$\egroup (die Differenz, also das Ergebnis der Subtraktion von \bgroup\color{demo}$ a$\egroup minus \bgroup\color{demo}$ b$\egroup) gegeben und jenen von \bgroup\color{demo}$ a=x\cdot b$\egroup für \bgroup\color{demo}$ b\ne 0$\egroup durch \bgroup\color{demo}$ x:=a\cdot (1/b)=:\frac{a}{b}$\egroup (der Quotient, also das Ergebnis der Division von \bgroup\color{demo}$ a$\egroup durch \bgroup\color{demo}$ b$\egroup). Wir können also auch in beliebigen Körpern Subtraktion und Division auf diese Weise definieren.

Die lineare Ordnung \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup auf \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup ist mit den Operationen \bgroup\color{demo}$ +$\egroup und \bgroup\color{demo}$ \cdot$\egroup im folgenden Sinn verträglich (Monotoniegesetze):

$\displaystyle a\leq b$ $\displaystyle \Rightarrow a+c\leq b+c$    
$\displaystyle a\leq b$    und $\displaystyle c\geq 0$ $\displaystyle \Rightarrow a\cdot c\leq b\cdot c$    

In diesen Situation (also einen Körper mit einer Ordnung die die Monotoniegesetze erfüllt) spricht man von einem angeordneten Körper.


2.6 Rechenregeln für angeordnete Körper.

\bgroup\color{demo}$ \bullet$\egroup
In jedem Körper gelten folgende Regeln für das Bruchrechnen:

$\displaystyle \frac{a}{b}+\frac{c}{d}$ $\displaystyle =\frac{ad+bc}{bd}$    
$\displaystyle \frac{a}{b}\cdot \frac{c}{d}$ $\displaystyle =\frac{ac}{bd}$    
$\displaystyle \frac{\frac{a}{b}}{\frac{c}{d}}$ $\displaystyle =\frac{ad}{bc}$    

Beweis.

$\displaystyle \frac{ad+bc}{bd}$ $\displaystyle =(ad+bc)(bd)^{-1} = (ad+bc)d^{-1}b^{-1}$    
  $\displaystyle = add^{-1}b^{-1}+ bcd^{-1}b^{-1} = ab^{-1}+cd^{-1}bb^{-1} =\frac{a}{b}+\frac{c}{d}$    
$\displaystyle \frac{a}{b}\cdot \frac{c}{d}$ $\displaystyle = (ab^{-1})(cd^{-1}) = acd^{-1}b^{-1} =(ac)(bd)^{-1} =\frac{ac}{bd}$    
$\displaystyle \frac{\frac{a}{b}}{\frac{c}{d}}$ $\displaystyle =(ab^{-1})(cd^{-1})^{-1} = ab^{-1}(d^{-1})^{-1}c^{-1}$    
  $\displaystyle = adc^{-1}b^{-1} = (ad)(bc)^{-1} =\frac{ad}{bc}$    

    []

\bgroup\color{demo}$ \bullet$\egroup
Folgende einfache Rechenregeln gelten ebenfalls in jedem Körper:

$\displaystyle 0\cdot a$ $\displaystyle =0$    
Nullteilerfreiheit$\displaystyle a\cdot b=0$ $\displaystyle \Leftrightarrow a=0\vee b=0$    
Vorzeichenregeln$\displaystyle (-a)\cdot b$ $\displaystyle = -a\cdot b$    

Beweis.

$\displaystyle 0\cdot a$ $\displaystyle = (0+0)\cdot a=0\cdot a + 0\cdot a \quad \Rightarrow$    
0 $\displaystyle =0\cdot a -(0\cdot a)=0\cdot a + 0\cdot a - (0\cdot a) =0\cdot a$    
$\displaystyle a\cdot b=0$ und $\displaystyle b\ne 0$ $\displaystyle \Rightarrow 0=0\cdot b^{-1} = a\cdot b\cdot b^{-1} = a$    
$\displaystyle a\cdot b+ (-a)\cdot b$ $\displaystyle =(a+(-a))\cdot b=0\cdot b=0 \quad\Rightarrow$    
$\displaystyle -(a\cdot b)$ $\displaystyle =(-a)\cdot b$    

    []

\bgroup\color{demo}$ \bullet$\egroup
Für jede Ordnung \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup ist durch \bgroup\color{demo}$ a<b$\egroup \bgroup\color{demo}$ :\Leftrightarrow (a\leq b$\egroup und \bgroup\color{demo}$ a\ne b)$\egroup eine strikte Ordnung definiert, d.h. eine transitive und antireflexive (d.h. \bgroup\color{demo}$ \forall
x:x\not<x$\egroup) Relation, für die und aus \bgroup\color{demo}$ x<y$\egroup die Aussage \bgroup\color{demo}$ y\not<x$\egroup folgt.

Beweis. Es ist nur die Transitivität nachzuweisen. Sei also \bgroup\color{demo}$ x<y$\egroup und \bgroup\color{demo}$ y<z$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ x\leq y$\egroup und \bgroup\color{demo}$ y\leq z$\egroup, also \bgroup\color{demo}$ x\leq z$\egroup. Wäre \bgroup\color{demo}$ x=z$\egroup so hätte die Antisymmetrie von \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup zur Folge, daß \bgroup\color{demo}$ x=y$\egroup gilt, ein Widerspruch zu \bgroup\color{demo}$ x<y$\egroup.     []

\bgroup\color{demo}$ \bullet$\egroup
Umgekehrt kann man natürlich die Ordnung \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup aus der strikten Ordnung \bgroup\color{demo}$ <$\egroup zurückerhalten, indem man \bgroup\color{demo}$ x\leq y:\Leftrightarrow x<y\vee x=y$\egroup setzt. Aus obigen Eigenschaften von \bgroup\color{demo}$ <$\egroup folgt für beliebige strikte Ordnungen \bgroup\color{demo}$ <$\egroup, daß die daraus erhaltene Relation \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup eine Ordnung ist.

Beweis. Die Reflexivität von \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup ist klar und die Antisymmetrie folgt, denn \bgroup\color{demo}$ x\leq y\Rightarrow x<y\vee x=y$\egroup. Wäre also \bgroup\color{demo}$ x\ne y$\egroup, dann wäre \bgroup\color{demo}$ y\not<x$\egroup und wegen \bgroup\color{demo}$ y\leq x$\egroup folgt doch \bgroup\color{demo}$ y=x$\egroup. Die Transitivität von \bgroup\color{demo}$ \leq$\egroup folgt aus jener von \bgroup\color{demo}$ <$\egroup durch Fallunterscheidungen.     []

\bgroup\color{demo}$ \bullet$\egroup
In jedem angeordneten Körper gilt:

$\displaystyle a\leq b,\quad c\leq d$ $\displaystyle \Rightarrow a+c\leq b+d$    
$\displaystyle a\leq b$ $\displaystyle \Rightarrow -b \leq -a$    
$\displaystyle a\leq b,\quad c\leq 0$ $\displaystyle \Rightarrow bc \leq ac$    
  $\displaystyle 0\leq 1$    
$\displaystyle 0< a$ $\displaystyle \Rightarrow 0<\frac1a$    
$\displaystyle 0<a\leq b$ $\displaystyle \Rightarrow 0<\frac1b\leq \frac1a$    

Beweis.

$\displaystyle a\leq b,\; c\leq d$ $\displaystyle \Rightarrow a+c\leq b+c\leq b+d$    
$\displaystyle a\leq b$ $\displaystyle \Rightarrow -b=a+(-a)+(-b)\leq b+(-a)+(-b)=-a$    
$\displaystyle a\leq b,\; c\leq 0$ $\displaystyle \Rightarrow -c\geq 0\Rightarrow -a\cdot c=a\cdot (-c)\leq b\cdot (-c)=-b\cdot c$    
  $\displaystyle \Rightarrow b\cdot c\leq a\cdot c$    
Ang. $\displaystyle 0\geq 1$ $\displaystyle \Rightarrow -1\geq -0=0$    
  $\displaystyle \Rightarrow 1=(-1)\cdot (-1)\geq 0,$ ein Widerspruch    
Ang. $\displaystyle 0< a$ und $\displaystyle 0\geq \frac{1}{a}$ $\displaystyle \Rightarrow 0=0\cdot a\leq a\cdot\frac1a =1,$ ein Widerspruch    
$\displaystyle 0<a\leq b$ $\displaystyle \Rightarrow 0<\frac1b,\;0<\frac1a \Rightarrow \frac1b=a\,\frac1a\,\frac1b\leq b\,\frac1a\,\frac1b=\frac1a$    

    []

Wir wenden uns nun der Frage zu, wie wir die Existenz von \bgroup\color{demo}$ \mathbb{R}$\egroup als angeordneter Körper nachweisen können. Wir gehen dabei in etwa der Geschichte folgend vor und beginnen bei:

Andreas Kriegl 2002-02-01