Um mit bzw. in Vektorräumen rechnen zu können benötigen wir eine Beschreibung ihrer Elemente, der Vektoren, durch Zahlen(-Tupeln) und dazu notwendigerweise den Begriff des Erzeugenden-Systems oder spezieller der Basis.
9.1 Definition.
Eine Teilmenge
eines Vektorraums
heißt Erzeugenden-System von
, falls
, d.h.
der von
erzeugte Teilvektorraum gerade
ist.
Ein Vektorraum heißt endlich-dimensional, wenn er ein endliches Erzeugenden-System besitzt.
Unter einer Basis versteht man ein minimales Erzeugenden-System, d.h. keine echte Teilmenge davon ist noch ein Erzeugenden-System.
9.2 Bemerkung.
Falls ein (endliches) Erzeugenden-System
linear-abhängig ist,
d.h.
0 als Linearkombination
geschrieben werden kann,
wobei
für mindestens ein
ist
(also sich 0 auf einem nicht trivialen Weg im Sinne von
(8.16) mit den Richtungen
erreichen läßt),
so ist das Erzeugenden-System keine Basis, denn es kann
ein Vektor
(mit
) entfernt werden um ein kleineres Erzeugenden-System
zu erhalten: In der Tat ist dann
und somit
.
Lemma.
Ein (endliches) Erzeugenden-System
ist genau dann eine Basis, wenn
aus
folgt, daß alle
sind, d.h.
nicht linear abhängig (also kurz gesagt linear unabhängig) ist.
Beweis. (
(
) Angenommen es wäre
keine Basis, also gäbe es ein echt
kleineres Erzeugenden-System
. Sei
, dann muß
eine Linearkombination
der Vektoren
sein und somit
eine Linearkombination von Vektoren aus
mit Koeffizient
, ein Widerspruch.
[]
9.8 Lemma.
Es sei
ein endliches Erzeugenden-System.
Dann existiert eine Basis
.
Beweis. Falls
Andernfalls existiert eine Linearkombination
und
für mindestens ein
.
Dieses
ist dann also eine Linearkombination der übrigen Elemente in
, also haben wir ein kleineres Erzeugenden-System gefunden,
siehe (9.2).
Da
endlich ist erhalten wir nach höchstens
vielen Schritten
ein minimales Erzeugenden-System
, also eine Basis.
[]
9.9 Folgerung.
Jeder (endlich dimensionale) Vektorraum besitzt eine Basis.
Beweis. Sei
Im unendlich dimensionalen Fall ist das viel aufwendiger zu beweisen und erfordert das Auswahlaxiom in einer äquivalenten Formulierung, dem Zorn'schen Lemma, siehe (9.14).
9.3 Lemma.
Eine Menge
ist genau dann linear unabhängig, wenn
jedes
eine eindeutige
Darstellung als
besitzt.
Beweis. (
(
)
Es sei
. Da andererseits
gilt, folgt aus der Eindeutigkeit der Darstellung
für alle
, d.h.
ist linear unabhängig.
[]
9.4 Beispiel.
Die Einheitsvektoren
,
,...,
bilden eine Basis von
die sogenannte
Standard-Basis.
Jeder Vektor
ist offensichtlich
folgende Linearkombination der
, wobei wir die Vektoren der Übersicht
halber besser als Spaltenvektoren schreiben:
Dieses ist linear unabhängig, denn aus
folgt
9.5 Beispiel.
Eine Ebene sei durch
9.6 Beispiel.
Die Monome
für
bilden ein (unendliches)
Erzeugenden-System der Polynome
und damit auch der polynomialen
Funktionen:
In der Tat ist jedes Polynom
nach Definition eine endliche Summe
der Form
mit Koeffizienten
, denn
Für
bilden diese sogar eine Basis, denn
aus
in
folgt
für alle
und da ein Polynom
nur soviele Nullstellen haben kann, wie sein Grad ist, folgt, falls
unendlich ist, daß
das Nullpolynom ist, also alle Koeffizienten
sind.
Für
ist hingegen schon
eine Basis der polynomialen
Funktionen,
denn
für alle
und
.
9.7 Beispiel.
Es ist
unendlich-dimensional, denn gäbe es
ein (anderes) endliches Erzeugenden-System
, dann kann dieses
nur Polynome vom Grad höchstens
erzeugen und das Monom
z.B. hat aber größeren Grad.
Für unendliches
ist auch
unendlich-dimensional:
Wäre nämlich
eine Erzeugenden-System, so wählen
wir paarweise verschiedene
und eine Funktion
mit
für alle
,
die nun keine
Linearkombination der
seien kann, denn
aus
9.10 Definition.
Unter der Dimension (man schreibt
)
eines (endlich-dimensionalen) Vektorraums
versteht man die minimale Kardinalität (Anzahl) eines Erzeugenden-Systems.
Es gibt also mindestens eine Basis von
mit
vielen Elementen.
Wir wollen nun zeigen, daß dies für alle Basen der Fall ist.
9.11 Austauschlemma.
Sei
ein Vektorraum über einem Körper
,
eine beliebige Teilmenge, und
ein beliebiges
Element. Sei
so, daß
gilt, und sei
. Dann gilt
. (Man kann also
durch
ersetzen,
ohne das Erzeugnis zu verändern.)
Beweis. Nach Voraussetzung ist
9.12 Austauschsatz von Steinitz.
Sei
ein Vektorraum und
ein endliches Erzeugenden-System.
Ist
linear unabhängig, dann existiert eine
injektive Abbildung
s.d.
ein Erzeugenden-System ist.
Insbesonders ist
.
Beweis. Wir machen Induktion nach
Es ist
, denn
und somit
.
[]
9.13 Folgerung.
Es sei
ein endlich dimensionaler Vektorraum. Dann gilt:
Basen sind also nach (2) und (3) minimale Erzeugenden-Systeme oder äquivalent maximale linear unabhängige Teilmengen.
Beweis. (1). Seien
(2). Sei
eine endliche Basis und
linear unabhängig. Nach
(10.7) existiert eine injektive Abbildung
, s.d. die Obermenge
ein Erzeugenden-System
ist. Um nun auch lineare Unabhängigkeit von
zu erreichen
wählen wir ein minimales
, s.d.
ein Erzeugenden-System ist. So ein minimales
existiert da
endlich ist.
Es ist
auch linear unabhängig und somit eine Basis,
denn andernfalls
wäre
und nicht alle
gleich 0. Da aber
linear unabhängig ist, muß
sein für mindestens
ein
und folglich wäre
ein kleineres Erzeugenden-System.
(3). Sei
ein Erzeugenden-System.
Mittels Induktion nach
konstruieren wir linear unabhängige Teilmengen
.
Für
sei
.
Falls
erzeugend (d.h. eine Basis) ist, so sind wir fertig.
Nach (10.7) existiert ein
injektives
mit
erzeugend.
Also ist
spätestens dann erzeugend, wenn
.
Andernfalls wähle
(andernfalls ist
).
Dann ist
linear unabhängig, denn
ist es
und
.
(4). Sei
linear unabhängig und
eine Basis
nach (2). Dann ist
.
(5). Sei
erzeugend und
eine Basis
nach (3). Dann ist
.
(6).
ist maximale linear unabhängige Teilmenge
(resp. minimales Erzeugenden-System) nach (4)
(resp. (5)). Also eine Basis nach (2) und (3).
[]
Für Basen in
-dimensionalen Vektorräumen benötigen wir Ordinalzahlen. Diese sind eine
Verallgemeinerung der natürlichen Zahlen, welche wir rekursiv als
definiert haben.
Für natürliche Zahlen
ist
.
Die Menge
aller natürlichen Zahlen ist
wohlgeordnet. Allgemein heißt nun eine Menge
Ordinalzahl, wenn sie bezüglich der
-Relation wohlgeordnet ist.
Insbesonders ist jede natürliche Zahl aber auch
eine Ordinalzahl.
Letztere wird auch gerne mit
bezeichnet.
Man zeigt leicht, daß für jede Ordinalzahl
auch
eine Ordinalzahl ist.
Somit sind auch
,
, ...Ordinalzahlen. Ebenso deren Vereinigung
. Und folglich auch
,
, ...und analog
,
, ..., sowie
deren Vereinigung
, und analog
,
,..., sowie deren Vereinigung
, u.s.w..
Man kann zeigen, daß die Ordinalzahlen bzgl.
wohlgeordnet sind.
Somit existiert für jede Menge von Ordinalzahlen das Minimum,
man kann Ordnungsinduktion (man sagt auch transfinite Induktion dazu)
für Ordinalzahlen machen und Funktionen auf den Ordinalzahlen
rekursive (man sagt auch durch transfinite Rekursion) definieren.
Da man mittels Auswahlaxiom zeigen kann, daß jede Menge gleichmächtig
zu einer Ordinalzahl ist, ist transfinite Induktion eine Möglichkeit
etwas
für alle Mengen zu zeigen.
Diese Hilfsmittel verwenden wir nun in der folgenden Proposition.
9.14 Zorn'sche Lemma.
Sei
eine partiell geordnete Menge, sodaß
jede lineare geordnete Teilmenge eine obere Schranke besitzt.
Dann existieren maximale Elemente in
.
Beweis. Es sei
Da es mehr als eine Menge Ordinalzahlen gibt,
nur eine Menge ist und
injektiv auf
ist,
existiert eine Ordinalzahl
mit
.
Da die Ordinalzahlen wohlgeordnet sind existiert eine kleinste
solche Ordinalzahl und wir nennen sie
.
Die Menge
ist somit eine linear geordnete Teilmenge von
und besitzt nach Voraussetzung eine obere Schranke
. Wir zeigen nun, daß
ein maximales Element ist. Andernfalls
existiert ein
mit
. Da
alle
ist dann
und somit
, ein Widerspruch.
[]
9.15 Folgerung.
Jeder Vektorraum besitzt eine Basis.
Beweis. Wir zeigen mehr noch: Sei
Nach dem Zorn'schen Lemma (9.14) erhalten wir ein maximales Element
. Damit ist
und
linear
unabhängig. Da
maximal ist, ist für jedes Element
die Menge
linear abhängig, und man
sieht leicht, daß dies nur möglich ist, wenn
gilt. Damit folgt aber
, und
weil
ein Erzeugenden-System ist, ist auch
ein
Erzeugenden-System, also eine Basis.
[]
9.16 Folgerung.
Jeder Teilraum
eines Vektorraums
besitzt einen Komplementärraum
.
Insbesonders ist
.
Beweis. Sei
9.17 Folgerung.
Für Teilräume
gilt:
.
Beweis. Wir wählen Komplemente
Andreas Kriegl 2002-02-01