5.1 Konstruktion von
.
Wir wollen nun nach der additiven Gleichung
die uns in (4.1)
zu den ganzen Zahlen geführt hat analog die multiplikative Gleichung
behandeln.
Nur für
dürfen wir die Existenz einer Lösung
erhoffen, den
in jedem Ring gilt
für alle
nach (2.6).
Leider haben wir für
gesehen, daß die Gleichung
genau dann eine Lösung
besitzt, wenn
durch
teilbar ist.
Z.B. für
ist das nur für
der Fall.
Also versuchen wir wie in (4.1) wieder mit virtuellen Lösungen diesmal der Gleichungen für zu rechnen. Analog zum Übergang von auf sollte sein und , falls ist. Wir definieren also die Menge der rationalen Zahlen als
Weiters sollte sein, denn . Einfache Rechnungen zeigen, daß damit zu einem Körper wird, der Körper der rationalen Zahlen. Man schreibt natürlich üblicherweise an Stelle von . Beachte dabei, daß wir ganze Zahlen als spezielle rationale Zahlen vermöge der Abbildung , auffassen können.
Kombinatorik (Fortsetzung)
5.2 Definition.
Unter einer Kombination ohne Wiederholung von
vielen Objekten aus
vielen,
versteht man eine Auswahl von
-verschiedenen Elementen aus einer Grundmenge von
vielen, wobei
es auf die Reihenfolge der Auswahl nicht ankommen soll.
Also wenn z.B. der Vorstand bestehend aus 3 gleichberechtigen
Personen, deren jeweilige
Aufgaben/Ämter nicht
explizit festgelegt sind,
eines Vereins mit 100 Mitgliedern gewählt werden soll (ohne das Ämterkummulierung zulässig),
so ist eine Kombination ohne
Wiederholungen von 3 aus 100 zu bestimmen.
Kombinationen ohne Wiederholung von aus werden also gerade durch -Elementige Teilmenge einer -Elementigen Menge beschrieben.
5.3 Proposition.
Die Anzahl der Kombinationen ohne Wiederholung von
vielen Objekten aus
vielen
ist gerade der Binomialkoeffizient
Beweis. Der Unterschied zwischen Variationen und Kombinationen ohne Wiederholung besteht gerade darin, daß es bei ersteren auf die Reihenfolge der Auswahlen ankommt. Aus jeder Auswahl einer Kombination ohne Wiederholung kann erhält man etliche Variationen ohne Wiederholung indem man die gewählten Elemente irgendwie anordnet. Dafür gibt es nach (3.19) gerade viele Möglichkeiten. Wenn wir also die Anzahl der Kombinationen mit bezeichnen, dann ist die Anzahl der Variationen , also . []
Beachte, daß es genau eine Möglichkeit gibt aus -Elementen keines Auszuwählen, nämlich die leere Menge, also ist .
5.4 Folgerung. Binomsche Lehrsatz.
Für
ist
Beweis. Ausmultiplizieren von vermöge dem distributiv-Gesetz funktioniert so, daß man aus jeder der Klammern jeweils oder auswählt, die gewählten Variablen miteinander multipliziert und die Summe über alle diese Auswahlen bildet. Um die jeweiligen Produkte zu bestimmen genügt es festzustellen wie oft (sagen wir mal) gewählt wurde. In den anderen vielen Klammern wurde dann gewählt, also ist (wegen Kommutativgesetz) das Produkt und die Anzahl der Möglichkeiten bei den -Klammern gerade mal zu wählen wird gerade durch Kombinationen ohne Wiederholung von (den Klammern wo wir gewählt haben) aus -vielen (Klammern) beschrieben. Also folgt die Formel. []
5.5 Lemma.
Rekursionsformel für Binomialkoeffizienten:
Veranschaulichen kann man diese Rekursionsformel durch das Pascal'sches Dreieck, in welchen sich die Eintragungen als Summe des direkt darüber sowie des links darüberstehenden Elements ergeben:
Beweis. Dies läßt sich leicht mit Induktion zeigen, oder indem man beachtet, daß -elementige Teilmengen von eingeteilt werden können in solche die nicht enthalten und somit -elementige Teilmengen von sind und solche die enthalten und somit eindeutig als Vereinigung von und einer -elementige Teilmenge von geschrieben werden können. []
5.6 Bemerkung.
Beachte, daß Kombinationen ohne Wiederholung von
-Elementen aus
der Menge
, also
-elementige Teilmengen
, o.B.d.A. so geschrieben werden können,
daß
, also gerade durch streng monoton wachsende Folgen
von
natürlichen Zahlen
beschrieben werden können.
5.7 Definition.
Unter einer Kombination mit Wiederholung von
vielen Objekten aus
vielen,
versteht man eine Auswahl von
Elementen aus einer Grundmenge von
vielen,
wobei es auf die Reihenfolge der Auswahl nicht ankommen soll, und man durchaus auch
mehrmals gleiche Elemente wählen kann.
Man spricht auch von Auswählen mit Zurücklegen.
5.8 Bemerkung.
Jede Kombination mit Wiederholung von
vielen Objekten aus
vielen wird also
durch
beschrieben, wobei wir verschiedene
Reihenfolgen der
als gleichbedeutend ansehen müssen.
Wir können aber wie bei Kombinationen ohne Wiederholung
die natürliche Reihenfolge
benutzen, und somit
Kombinationen mit Wiederholung als monoton wachsende Folgen von natürlichen
Zahlen
auffassen.
5.9 Proposition.
Die Anzahl der Kombinationen mit Wiederholung von
vielen Objekten aus
vielen
ist
.
Beweis. Wir können aus jeder Kombination mit Wiederholung aufgefaßt als monotone Folge eine streng monotone Folge vermöge machen. Umgekehrt können wir aus jeder solchen streng monoton wachsenden Folge von 's eine monoton wachsende Folge von 'en zurückgewinnen, indem wir setzen. Also entsprechen den Kombinationen mit Wiederholung von aus gerade die Kombinationen ohne Wiederholung von aus , von welchen es viele nach (5.3) gibt. []
Beispiel.
Es werden in einer Übungsstunde 10 Beispiele von gewissen der anwesenden
20 StudentInnen gerechnet. Wieviele Möglichkeiten bestehen dafür, wenn
es nur darauf ankommt dranzukommen, aber nicht welches Beispiel man rechnet.
Antwort: Kombinationen mit Wiederholung von 10 aus 20, also
.
Zusammenfassung.
Wir haben also folgende Anzahlen für Auswahlen von
aus
bestimmt:
mit Wiederholung | ohne Wiederholung | |
mit Reihenf. (Variationen) | ||
ohne Reihenf. (Kombinationen) |
Elementare Wahrscheinlichkeitstheorie
5.10 Definition.
Es sei eine Menge
möglicher und gleich-wahrscheinlicher Ereignisse
gegeben. Also z.B.
KopfZahl bei Werfen einer Münze,
oder
bei Werfen eines Würfels, oder
beim Roulette.
Sei
eine Teilmenge von
.
Die Wahrscheinlichkeit
dafür, daß ein Ereignis aus
eintritt
ist per Definition
Offensichtlich ist . Es ist , wenn ein sicher( eintretend)es Ereignis ist; und , wenn ein unmögliches Ereignis ist.
So ist z.B. beim einmaligen Würfeln, ein einzelner Fall gerade ein einzelner Wurf, der durch die oben liegende Ziffer des Würfels beschrieben werden kann. Es gibt also 6 mögliche Fälle. Sei nun das Ereignis gegeben, daß die Augenzahl gerade ist, dann sind die Fälle , und günstig und somit .
Beim Roulette hingegen ist die Anzahl der möglichen Fälle und die für ``rouge''(=rot) gerade , somit .
Beachte jedoch, daß es beim Werfen 2'er Münzen (oder auch beim zweimaligen Werfen einer Münze) 4 mögliche Fälle gibt: (Kopf,Kopf), (Kopf,Zahl), (Zahl,Kopf), (Zahl,Zahl). Wenn wir also die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses , daß genau eine Zahl kommt, bestimmen, so ergibt sich , und nicht ein Drittel wie an vielleicht fälschlich wie folgt vermuten könnte: Es gibt 3 Fälle: Keinmal Kopf, genau einmal Kopf und zweimal Kopf. Einer davon ist günstig, also . Diese Argumentation ist falsch, denn genau einmal Kopf zu werfen, kann auf zwei Arten zustande kommen, nämlich dadurch, daß die eine oder (ausschliesend) die andere Münze auf Kopf fällt. Es ist also doppelt so wahrscheinlich als, daß beide Münzen auf Kopf fallen.
Beweis. Dies folgt aus . []
Beispiel.
Z.B. ist die Wahrscheinlichkeit bei 2 maligen Würfeln mindestens
einen 6'er zu haben wie folgt bestimmbar.
Die Wahrscheinlichkeit
beim
-ten Wurf einen 6'er zu Würfeln
ist 1/6.
Die Wahrscheinlichkeit
bei beiden Würfen einen
6'er zu Würfeln ist
, also ist
.
Dies hätten wir natürlich auch recht schnell durch Abzählen
der günstigen Fälle erhalten.
5.12 Satz über das Komplementärereignis.
.
Beweis. Wegen und folgt dies aus dem Additionssatz. []
Beispiel.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, daß mindestens zwei Personen auf einer Party
mit
Personen am gleichen Tag Geburtstag haben berechnen wir wie folgt.
Das komplementäre Ereignis, daß keine 2 der Personen
am gleichen Tag Geburtstag haben ist
. Bereits bei
ist dies
also ist die Chance für 2 mit gleichen Geburtstag
bereits mehr als 50%.
5.13 Definition.
Unter der bedingten Wahrscheinlichkeit
versteht man die Wahrscheinlichkeit dafür, daß
das Ereignis
eintritt, wenn man schon weiß, daß das Ereignis
eintritt (oder eingetreten ist).
Z.B. sei beim zweimaligen Werfen einer Münze das Ereignis, daß die erste Münze auf Kopf fällt und das Ereignis, daß die zweite Münze auf Kopf fällt. Dann hängt offensichtlich nicht von ab, also ist .
Hingegen ist beim zweifachen Ziehen einer Karte aus Karten (ohne die erste zurückzustecken) die Wahrscheinlichkeit, daß die erste Karte ein As ist . Jene, daß die zweite ein As ist hängt nun aber davon ab ob wir bereits ein As gezogen und somit entfernt haben, dann ist sie , oder ob wir beim ersten Zug kein As erwischt haben, dann ist sie .
5.14 Satz über die bedingte Wahrscheinlichkeit.
Es ist
.
Beweis. Es ist . []
Diese Formel kann umgekehrt verwendet werden, um die Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen zweier Ereignisse und wie folgt zu bestimmen:
5.15 Multiplikationssatz.
Es ist
.
Genau dann wenn
und
unabhängig voneinander sind, d.h.
gilt, ist
.
Beweis. Die allgemeine Formel folgt sofort aus der Formel für die bedingte Wahrscheinlichkeit. Die spezielle Formel gilt somit genau dann, wenn gilt, d.h. daß die Wahrscheinlichkeit von übereinstimmt mit jener von unter der Voraussetzung, daß eingetreten ist, also unabhängig von ist. []
Beispiel.
Die Wahrscheinlichkeit
bei einem Kartenspiel
von 32 Karten ein As zu ziehen ist
.
Ist die gezogene Karte ein As, so ist die Wahrscheinlichkeit
beim Ziehen einer weiteren Karten wieder ein As
zu ziehen
. Die Wahrscheinlichkeit zwei Asse zu ziehen
ist somit
.
Vergleiche dies auch mit der Rechnung im Beispiel nach (5.12).
5.16 Formel für totale Wahrscheinlichkeit.
Beweis. Es ist und somit
Beweis.
5.18 Beispiele.
Die Wahrscheinlichkeit bei Würfelpokern eine große Straße zu Würfeln
können wir wie folgt bestimmen. Es gibt
möglichen Fälle für die 5 Würfe.
Ein günstiger wäre 10,B,D,K,A für 1.,2.,3.,4. und 5. Würfel, aber auch jede
andere der
Anordnungen ist günstig, also ist
.
Die Wahrscheinlichkeit bei Kartenpokern (wobei das Kartenspiel aus 9, 10, B, D, K, A in den 4 Farben bestehen soll) eine große Straße zu erhalten kann wie folgt bestimmt werden: Die Wahrscheinlichkeit als erste Karte ein As zu erhalten ist , jene für die zweite Karte einen König zu erhalten, wenn die erste ein As war ist . Die Wahrscheinlichkeit ist somit . Jene, daß dann die 3.te Karte eine Dame ist, ist , und somit ist die Wahrscheinlichkeit, daß die ersten 3 Karten in dieser Reihenfolge sind, gerade . Das wir in dieser Reihenfolge erhalten hat analog die Wahrscheinlichkeit
Die Wahrscheinlichkeit beim Würfelpoker ein full-hand mit sagen wir 2 Assen und 3 Könige zu würfeln können wir analog wie folgt bestimmen: Ein günstiger (der möglichen) Würfe wäre . Es gibt soviel Umordnungen dieses Falles wie 2-elementige Teilmengen der Plätze 1 bis 5 die den Positionen der Asse entsprechen, also ist die Wahrscheinlichkeit . Es gibt verschiedene Arten von full-houses, also ist die Wahrscheinlichkeit irgendein full-house zu würfeln .
Beim Kartenspiel hingegen erhalten wir als Wahrscheinlichkeit von 2 Assen und 3 Königen
Andreas Kriegl 2002-02-01