3.3 Kompaktheit, Gleichmäßige Stetigkeit

3.3.1 Definition. Gleichmäßige Stetigkeit.
Eine Abbildung $f:X\to Y$ zwischen metrischen Räumen heißt gleichmäßig stetig, wenn das $\delta$ in der Definition der Stetigkeit unabhängig von $x_0$ gewählt werden kann, d.h.

$$\forall\varepsilon >0\exists\delta >0\forall x... ...\forall x\in X:d(x,x_0)<\delta \Rightarrow d(f(x),f(x_0))<\varepsilon .$$

Vergleiche dies mit der Stetigkeit von $f$ auf $X$, d.h.

$$\forall x_0\in X\forall\varepsilon >0\exists\d... ...\forall x\in X:d(x,x_0)<\delta \Rightarrow d(f(x),f(x_0))<\varepsilon .$$

Es dürfen zwar zwei All-Quantoren, z.B. $\forall\varepsilon$ und $\forall x_0$ (Oder auch zwei Existenz-Quantoren) miteinander vertauscht werden ohne den Wahrheitsgehalt der Aussage zu verändern. All-Quantoren und Existenz-Quantoren wie z.B. $\forall x_0$ und $\exists\delta$ dürfen jedoch nicht miteinander vertauscht werden. Dies zeigt auch folgende einfachere Aussage über ganze Zahlen: $\forall n\exists m:n+m=0$ ist wahr, wohingegen $\exists m\forall n:n+m=0$ falsch ist.

3.3.2 Beispiele (nicht) gleichmäßig stetiger Funktionen.
Nach obigen Beweis in (3.1.8) ist Sinus und damit auch Cosinus gleichmäßig stetig auf $\protect\mathbb{R}$. Ebenso sind lineare Abbildungen $f:V\to W$ gleichmäßig stetig, denn für sie gilt $d(f(x),f(y))=\vert f(x)-f(y)\vert=\vert f(x-y)\vert\leq \vert f\vert\,\vert x-y\vert$, wobei $\vert f\vert:=\sup\{\vert f(x)\vert:\vert x\vert\leq 1\}<{\infty}$ ist. Direkter folgt dies aus

$$\vert f(x)\vert = \Bigl\vert\Bigl(\sum_k a_{n,k} x_k\Bigr)_n\Bigr\vert$$

$$\leq \sum_n \sum_k \vert a_{n,k}\vert\,\vert x_k\vert = \sum_k \vert x_k\vert\,\sum_n \vert a_{n,k}\vert =\langle x,a\rangle$$

$$\leq \vert x\vert\, \vert a\vert,$$

wobei $a=(\sum_n \vert a_{n,k}\vert)_k$.

Hingegen sind nicht-lineare Polynome nicht gleichmäßig stetig auf $\protect\mathbb{R}$. Z.B. ist $x\mapsto x^2$ nicht gleichmäßig stetig, denn andernfalls gäbe es ein $\delta >0$, s.d. $\vert x-x'\vert<\delta$ zumindest $1>\vert x^2-(x')^2\vert=\vert(x-x')(x+x')\vert$ zur Folge hätte. Wir setzen $x:=\frac1{\delta }$ und $x':=x+\delta /2$, dann ist $\vert x^2-(x')^2\vert=\frac{\delta }2\cdot (\frac2{\delta }+\frac{\delta }2)>1$.

Die Funktion $f:x\mapsto \sin(\frac1x)$ ist ebenfalls nicht gleichmäßig stetig auf $\protect\mathbb{R}\setminus\{0\}$:

3.3.3 Definition. Kompakt.
Ein metrischer Raum $X$ heißt kompakt oder auch Kompaktum, wenn jede Folge $x:\protect\mathbb{N}\to X$ einen Häufungswert $x_{\infty}\in X$ besitzt.

3.3.4 Proposition. Bolzano-Weierstraß für Teilmengen des $\protect\mathbb{R}^n$.
Eine Teilmenge von $\protect\mathbb{R}^p$ ist genau dann kompakt, wenn sie beschränkt und abgeschlossen ist.

Dabei heißt eine Menge $A\subseteq \protect\mathbb{R}^p$ abgeschlossen, wenn für jede in $\protect\mathbb{R}^n$ konvergente Folge $(x_n)_n$ aus $A$ der Grenzwert $\lim_n x_n$ in $A$ liegt. Beachte, daß dies in Einklang mit der Definition des abgeschlossenen Balls steht.

Beweis. ( $\Rightarrow$) Es sei $(x_n)$ eine Folge in $A$. Nach dem Satz (2.4.5) von Bolzano & Weierstraß besitzt $x_n$ einen Häufungswert $x_{\infty}$. Also existiert eine gegen $x_{\infty}$ konvergente Teilfolge von $x_n$ und wegen der Abgeschlossenheit von $A$ liegt $x_{\infty}\in A$.

( $\Leftarrow$) Falls $A$ unbeschränkt ist, so existieren $x_n\in A$ mit $\vert x_n\vert\geq n$. Diese Folge kann dann keinen Häufungswert besitzen, ein Widerspruch. Falls $A$ nicht abgeschlossen ist, so existieren $x_n\in A$ mit $x_n\to x_{\infty}\notin A$. Wegen Kompaktheit existiert ein Häufungswert in $A$ von $x_n$. Für diesen kommt aber nur $x_{\infty}$ in Frage.     []

3.3.5 Proposition. Gleichmäßige Stetigkeit auf Kompakta.
Es sei $f:X\to Y$ stetig und $X$ kompakt. Dann ist $f$ auf $X$ gleichmäßig stetig.

Beweis. Andernfalls gäbe es ein $\varepsilon >0$ und für jedes $n\in\protect\mathbb{N}$ Punkte $x_n,y_n\in X$ mit $d(x_n,y_n)<\frac1n$ aber $d(f(x_n),f(y_n))\geq\varepsilon$. Nach dem Satz (2.4.5) von Bolzano & Weierstraß hat $(x_n)$ einen Häufungswert $x_{\infty}$ und wegen der Stetigkeit von $f$ bei $x_{\infty}$ existiert ein $\delta >0$ mit $d(f(x),f(x_{\infty}))<\frac{\varepsilon }2$ für alle $d(x,x_{\infty})<\delta$. Wir wählen ein $n>2/\delta$ mit $d(x_{n},x_{\infty})<\frac{\delta }2$ und somit ist

$$d(y_n,x_{\infty})\leq\undersetbrace{<\frac1n<\... ...,x_n)} +\undersetbrace{<\frac{\delta }2}\to{d(x_n,x_{\infty})} <\delta$$

und erhalten $\varepsilon \leq d(f(x_{n}),f(y_{n}))\leq d(f(x_{n}),f(x_{\infty}))+d(f(x_{\infty}),f(y_{n}))<\varepsilon$, einen Widerspruch.     []

3.3.6 Proposition. Existenz von Maxima.
Sei $f:X\to\protect\mathbb{R}$ stetig und $X$ kompakt. Dann existiert $\max(f(X))$.

Beweis. Es ist auch $f(X)$ kompakt, denn sei $(y_n)_n$ eine Folge in $f(X)$, d.h. $\exists x_n\in X$ mit $f(x_n)=y_n$. Da $X$ kompakt ist besitzt $(x_n)_n$ einen Häufungswert und, da $f$ stetig ist, ist dessen Bild ein Häufungswert der Bildfolge $(y_n)_n$. Nach (3.3.4) ist $f(X)$ somit beschränkt. Nach (1.6.5) existiert $\alpha :=\sup(f(X))$. Dann existieren $y_n\in f(X)$ mit $y_n\nearrow \alpha$. Wir wählen wieder $x_n$ mit $f(x_n)=y_n$ und erreichen durch Übergang zu einer Teilfolge, daß $x_n$ in $X$ konvergiert und somit $y_n:=f(x_n)\to \alpha =f(\lim_n x_n)\in f(X)$.     []