Wir wollen nun die Ableitung von Abbildungen
zwischen endlich dimensionalen
reellen Vektorräumen
und
behandeln.
Sei dazu vorerst
.
In den motivierenden Beispielen in (15.1.1) und (15.1.4) war uns
bereits die geometrische Idee der Ableitung als
Tangente an
in einem Punkt begegnet.
Um diese Gerade zu beschreiben benötigen wir neben dem Berührpunkt
auch ihren Anstieg.
Dieser sollte offensichtlich der Grenzwert der Anstiege von Sehnen
benachbarter Punkte sein. Also
17.1.1 Definition. Ableitung von Kurven.
Es sei
eine Abbildung auf einem Intervall
.
Die Ableitung von
bei
ist dann definiert als
Die Tangente an eine im Punkte
differenzierbare Abbildung
ist nun
der affine 1-dimensionale Teilraum
.
Für
macht obige Definition von
ebenfalls Sinn.
Allerdings
ist
,
und somit
und
in
.
Die Tangente ist dann entsprechend der affine 1-dimensionale Teilraum
von
.
17.1.2 Beispiele differenzierbarer Funktionen.
Bemerkung.
Gewisse Eigenschaften der Funktion
lassen sich
in Eigenschaften der Ableitung
übersetzen.
Ist z.B.
monoton wachsend, d.h.
für
, so ist der
Differenzenquotient
für alle
und somit auch
.
Um die Umkehrung zu zeigen benötigen wir folgende Resultate:
17.1.3 Satz von Rolle.
Es sei
stetig sowie auf
differenzierbar
und
. Dann existiert ein
mit
.
Beweis. Falls
17.1.4 Mittelwertsatz.
Es sei
stetig und auf
differenzierbar.
Dann existiert ein
mit
Ist speziell
so besagt diese Gleichung folgendes:
Beweis. Wir erhalten das Resultat direkt, wenn wir den Satz von Rolle auf
17.1.5 Folgerung. Monotonie via Ableitung.
Es sei
stetig und auf
differenzierbar.
Dann ist
genau dann monoton wachsend, wenn
für alle
.
Ebenso ist
genau dann monoton fallend, wenn
für alle
.
Beweis. Aus
Umgekehrt folgt aus dem
, daß
monoton wachsend ist.
[]
17.1.6 Regel von De L'Hospital.
Die Funktionen
und
seien differenzierbar auf
mit
für alle
.
Weiters sei
.
Dann ist
Beweis. Es sei
17.1.10 Beispiel.
Nach der Regel (17.1.6) von De L'Hospital ist
17.1.7 Definition. Ableitung von Abbildungen.
Wir wollen nun auch die Ableitung für Abbildungen
zwischen allgemeinen
endlich dimensionalen Vektorräumen
und
definieren.
Dabei können wir nicht mehr
bilden, da wir Vektoren
nicht dividieren können.
Die geometrische Idee in (17.1.1),
daß die Ableitung gerade jene lineare Funktion
beschreibt, welche die nach
0 verschobene Funktion
gut approximiert,
ist aber auf den allgemeinen
Fall übertragbar.
Wenn
beliebig ist, dann verschieben wir diesen Punkt
nach
, d.h. wir ersetzen
durch
und
durch
und somit
durch die nach
verschobene
Funktion
:
17.1.8 Definition. Richtungsableitung.
Wir wollen nun eine Methode finden die lineare Approximation im Sinn
von (17.1.7) zu bestimmen, und
damit auch gleichzeitig ihre Eindeutigkeit beweisen.
Dazu betrachten wir den die Differenzierbarkeit definierenden Grenzwert,
variieren dabei aber die Variable
nur längs einer Geraden durch 0,
d.h. wir betrachten nur
der Gestalt
mit
und fixen
.
Falls
bei
differenzierbar ist und
eine,
wie für die Differenzierbarkeit
geforderte, lineare Abbildung ist, so ist auch dieser eingeschränkte
Grenzwert 0, d.h.
Unter der Richtungsableitung
von
bei
in Richtung
verstehen wir
folglich
Somit ist das
in der Definition der Differenzierbarkeit von
bei
eindeutig bestimmt und wird zu recht als Ableitung
von
bei
bezeichnet.
Es ist
für
(d.h. positiv homogen),
denn
für
sind beide Seiten 0, und für
haben wir
Ist insbesonders
, dann können wir die linearen
Abbildungen
mit ihren Werten
vermöge
identifizieren.
![]() |
![]() |
|
![]() |
![]() |
Man schreibt oft auch allgemein
für
.
Falls
, dann haben wir ausgezeichnete Richtungen, nämlich jene
die durch die Standard-Basis
gegeben sind.
Folglich haben wir auch die ausgezeichneten Richtungsableitungen
17.1.9 Proposition. Differenzierbarkeit via
Richtungableitungen.
Eine Abbildung
ist genau dann differenzierbar bei
, wenn folgende Punkte erfüllt sind:
Beweis. Nach obigen Bemerkungen existieren für eine differenzierbare Abbildung
0 | ![]() |
|
![]() |
||
![]() |
![]() ![]() |
Wir schreiben von nun an auch
anstelle
, selbst in
dem Fall, wo nur die Richtungsableitungen nicht aber die Ableitung
existiert.
Andreas Kriegl 2002-07-01