Wir wollen damit beginnen anhand einiger Beispiele zu erläutern, worum wir uns mit Analysis und damit mit Grenzprozessen oder ungenau formuliert dem unendlich Kleinen beschäftigen müssen.
15.1.1 Der freie Fall.
In der Physik erkennt man, daß sich Körper, die keinen Kräften ausgesetzt sind,
gleichförmig bewegen, d.h. daß ihre Geschwindigkeit konstant bleibt, also in gleicher Zeit
gleich langer Weg zurückgelegt wird.
Falls andererseits eine konstante Kraft (wie z.B. die Erdanziehung in Bodennähe)
auf den Körper wirkt,
so ändert sich seine Geschwindigkeit proportional zur vergangenen Zeit und zur Kraft.
Sei also die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt (wir setzen der Einfachheit
halber voraus) und eine Zeitspanne,
dann gilt
15.1.2 Berechnung von .
Per Definition ist die Länge eines Halbkreises mit Radius 1
oder auch die Fläche eines Vollkreises mit selben Radius.
Natürlich ist nicht klar, daß dies die gleiche Zahl liefert.
Auch ist uns vorerst nur bekannt, wie die Fläche von Rechtecken und damit von
rechtwinkeligen Dreiecken berechnet werden kann. Und ebenso nur die Länge
von Polygonzügen. Die Länge einer Kurve
können wir nur durch
die Länge von Polygonzügen
annähern, wobei
eine Zerlegung der Strecke von 0 nach ist.
Wir definieren folglich die Länge der Kurve
als
.
Nun betrachten wir regelmäßige Vielecke, die wir dem Einheitskreis ein- und umschreiben.
Die Fläche des Einheitskreises liegt dann offensichtlich zwischen jener
der eingeschriebenen und der umgeschriebenen Vielecke.
Es sei
Wir werden später die Fläche des Einheitskreises wie folgt durch ein Integral berechnen
15.1.3 Rekursive Berechnung von .
Die Wurzel erfüllt
, d.h. wir versuchen in ein Produkt
zweier gleicher Zahlen zu zerlegen.
Sei o.B.d.A. , andernfalls bestimmen wir
.
Wir versuchen es mit , dann wäre und somit
. Also probieren wir ein neues besseres
.
Das zugehörige erfüllt
, denn
. Fahren wir so fort, so erhalten wir
Folgen
Die verallgemeinerungsfähige geometrische Idee die dahinter steckt ist, daß wir eine Nullstelle von suchen. Dazu wählen wir eine Näherungsnullstelle , legen die Tangente an im Punkte , d.h. und ersetzen nun durch die Nullstelle der Tangente, also
15.1.4 Brennspiegel.
Wir wollen nun einen Spiegel konstruieren, der parallel (zur -Achse) einfallende Lichtstrahlen
in einem Punkt (den wir mit bezeichnen) konzentriert. Das ist natürlich auch für Radioteleskope und
in umgekehrter Richtung für Scheinwerfer interessant.
Da Lichtstrahlen kürzeste Verbindungslinien sind, ist der Einfallswinkel auf eine
Fläche gleich dem Ausfallswinkel.
Sei also ein Punkt auf der Schnittkurve und der Anstieg der Schnittkurve
.
Die Ähnlichkeit von Dreiecken ergibt
Andreas Kriegl 2002-07-01