Allgemeine Potenz

3.4.10 Bemerkung.
Bislang haben wir $a^x$ eine Bedeutung gegeben, falls $x\in\protect\mathbb{Q}$ und $a>0$ ist. Wir wollen diese Definition nun auf $x\in\protect\mathbb{R}$ ausdehnen. In (5.2.4) werden wir eine elegantere Definition behandeln.

3.4.11 Lemma. Stetigkeit der Exponentialfunktion auf $\protect\mathbb{Q}$.
Die allgemeine Exponentialfunktion $x\mapsto a^x$ ist stetig $\protect\mathbb{Q}\to\protect\mathbb{R}$ und für $a\geq 1$ monoton wachsend.

Ist $a:=e$ die Euler'sche Konstante so spricht man kurz von der Exponentialfunktion $\exp:x\mapsto x=e^x$ ] $\exp$Exponentialfunktion zur Basis $e$.

Beweis. Es konvergiere $x_n\to x_{\infty}$ in $\protect\mathbb{Q}$. Da ist $\lim_{n\to{\infty}} x_n-x_{\infty}=0$ und $a^{x_n}=a^{x_n-x_{\infty}}\,a^{x_{\infty}}$ nach (1.3.13). Es genügt also $x_{\infty}=0$ anzunehmen und $\lim_n a^{x_n}=1$ zu zeigen. Wegen $a^x=\frac1{(1/a)^x}$ und der Stetigkeit von $x\mapsto 1/x$ bei 1 dürfen wir $a\geq 1$ annehmen. Da $x\mapsto a^x$ für $a\geq 1$ wachsend ist, genügt es dies für die Folgen $x_n:=\pm\frac1n$ zu zeigen. Nach (2.3.13) ist dies der Fall.     []

3.4.12 Definition. $a^x$ mit $x\in\protect\mathbb{R}$.
Es sei $a\geq 1$ und $x\in\protect\mathbb{R}$. Wir definieren $a^x:=\sup\{a^t:t\in\protect\mathbb{Q},t<x\}>0$. Dieses Supremum existiert, da ein $N\in\protect\mathbb{N}\subseteq \protect\mathbb{Q}$ existiert mit $x\leq N$ und somit ist $a^t\leq a^N$ für alle $t<x\leq N$.

Für $0<a<1$ setzen wir $a^x:=\frac1{(1/a)^x}$.

3.4.13 Lemma. Stetigkeit der Exponentialfunktion auf $\protect\mathbb{R}$.
Für $a>0$ ist die Funktion $x\mapsto a^x$, $\protect\mathbb{R}\to\protect\mathbb{R}$ stetig und monoton und es gilt:

• $a^{x+y}=a^x\cdot a^y$
• $(a^x)^y=a^{x\cdot y}$
• $(a\cdot b)^x=a^x\cdot b^x$
• $a^x\geq 1$ falls $a\geq 1$ und $x\geq 0$

Beweis. Monotonie: Aus $x<y$ folgt $\{t:t< x\}\subseteq \{t:t< y\}$ und für $a\geq 1$ somit $a^x\leq a^y$.

(1) Es ist

$$a^x\cdot a^y = \sup\{a^t:\protect\mathbb{Q}\ni t< x\}\cdot \sup\{a^s:\protect\mathbb{Q}\ni s< y\}$$

$$= \sup\{a^t\cdot a^s:\protect\mathbb{Q}\ni t< x,\protect\mathbb{Q}\ni s< y\}$$

$$= \sup\{a^r:r=t+s \protect\mathbb{Q}\ni t< x,\protect\mathbb{Q}\ni s< y\}$$

$$= \sup\{a^r:r\in\protect\mathbb{Q},r<x+y\}=a^{x+y}$$

Wegen der Potenzregel (1) genügt es die Stetigkeit von $a\mapsto a^x$ bei $x=0$ zu zeigen. Wegen der Monotonie folgt die Stetigkeit von rechts aus (3.4.11), denn $1\leq a^x=\sup\{a^t:\protect\mathbb{Q}\ni t<x\}\leq a^s$, falls $a\geq 1$ und $0<x\leq s\in\protect\mathbb{Q}$.

Die Stetigkeit von links folgt ebenso, denn $1\geq a^x=\sup\{a^t:\protect\mathbb{Q}\ni t<x\}\geq a^s$, falls $a\geq 1$ und $0>x>s\in\protect\mathbb{Q}$.

(3) Es

$$(a\cdot b)^r =\lim_{\protect\mathbb{Q}\ni t\to... ...t\to r} a^t\cdot \lim_{\protect\mathbb{Q}\ni t\to r} b^t =a^r\cdot b^r.$$

(2) Sei vorerst $(0\ne )y\in \protect\mathbb{Q}$. Aus $a^x=\lim_{\protect\mathbb{Q}\ni r\to x}a^r$ folgt mittels (3.4.4), daß $(a^x)^y=\lim_{\protect\mathbb{Q}\ni r\to x} (a^r)^y=\lim_{\... ...a^{r\cdot y}= \lim_{\protect\mathbb{Q}\ni s\to x\cdot y}a^s=a^{x\cdot y}$.

Somit ist für $y\in\protect\mathbb{R}$:

$$(a^x)^y = \lim_{\protect\mathbb{Q}\ne s\to y} ... ...cdot s} = \lim_{\protect\mathbb{Q}\ne r\to x\cdot y} a^r =a^{x\cdot y}.$$

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3.4.14 Definition. Logarithmus.
Es sei $b>1$. Dann besitzt die Funktion $x\mapsto b^x$, $\protect\mathbb{R}\to\protect\mathbb{R}_+$ eine stetige monoton wachsende Umkehrfunktion nach dem inversen Funktionen Satz. Diese wird mit $\log_b$ (den Logarithmus zur Basis $b$ bezeichnet). D.h. Für jedes $y>0$ existiert eine eindeutige Lösung $x=\log_b(y)$ der Gleichung $b^x=y$.

3.4.15 Lemma. Rechenregeln des Logarithmus.
Es gilt:

• $\log(x\cdot y)=\log(x)+\log(y)$
• $\log(x^b)=b\cdot\log(x)$

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3.4.16 Folgerung. Stetigkeit der Potenzfunktion.
Für $p\in\protect\mathbb{R}$ ist die Funktion $x\mapsto x^p$, $\protect\mathbb{R}^+\to\protect\mathbb{R}^+$ stetig.

Beweis. Es ist $x^p=b^{\log_b(x^p)}=b^{p\cdot \log_b x}$ und somit stetig in $x$, denn $\log_b$, die Multiplikation mit $p$ und $y\mapsto b^y$ sind stetig.     []

3.4.17 Banach'scher Fixpunktsatz.
Anstelle einer Gleichung der Form $f(x)=y$ können wir äquivalent auch die Fixpunkt-Gleichung $x=g(x):=x+y-f(x)$ lösen. Wenn $x_0$ nicht ein Fixpunkt von $g$ ist, dann betrachten wir $x_n$ rekursiv definiert durch $x_{n+1}:= g(x_n)$. Wir hätten gerne, daß $x_{\infty}:=\lim_n x_n$ existiert, da dann $g(x_{\infty})=g(\lim_n x_n)=\lim_n g(x_n)= \lim_n x_{n+1}=x_{\infty}$, d.h. $x_{\infty}$ ein Fixpunkt wäre. Dazu brauchen wir, daß $d(x_{n+1},x_{\infty})=d(g(x_n),g(x_{\infty}))\to 0$, oder besser $d(g(x),g(y))< d(x,y)$, oder sogar $d(g(x),g(y))\leq q d(x,y)$ mit $q<1$. Dann ist

$$d(x_{n+1},x_n) = d(g^n(x_1),g^n(x_0)) \leq q^n d(x_1,x_0)$$

$$d(x_{n+m},x_n) \leq \sum_{k=0}^{m-1} d(x_{n+k+1},x_{n+k}) \leq\sum_{k=0}^{m-1}q^k\,d(x_{n+1},x_n)$$

$$\leq \sum_{k=0}^{m-1} q^{n+k} d(x_1,x_0) \leq \frac{q^n}{1-q} d(x_1,x_0)\to 0,$$

daher ist $x_n$ eine Cauchy-Folge und konvergiert also zu einem Fixpunkt $x_{\infty}$. Wenn $x$ ein weiterer Fixpunkt ist, dann ergibt $d(x,x_{\infty})=d(g(x),g(x_{\infty}))< d(x,x_{\infty})$ einen Widerspruch. Beachte, daß

$$\begin{multline*} d(x_{n+m},x_n) \leq \sum_{k=0}^{m-1} d(x_{n+k+1},x_{n+k}) \leq... ...leq \frac{q}{1-q} d(x_n,x_{n-1}) \leq \frac{q^n}{1-q} d(x_1,x_0) \end{multline*}$$

und daher

$$d(x_{\infty},x_n) \leq \frac{q}{1-q} d(x_n,x_{n-1}) \leq \frac{q^n}{1-q}d(x_1,x_0).$$

Dies zeigt:

Banach'scher Fixpunkt-Satz.
Es sei $(X,d)$ ein vollständiger metrischer Raum und $g:X\to X$ eine Kontraktion, d.h. ein $q<1$ existiert mit $d(g(x),g(y))\leq q\,d(x,y)$ für alle $x,y\in X$. Dann gibt es einen eindeutigen Fixpunkt $x_{\infty}\in X$ von $g$, welcher als Limes der rekursiv definierten Folge $x_{n+1}:= g(x_n)$ mit beliebigen Startwert $x_0$ erhalten werden kann. Weiters gelten die Abschätzungen

$$d(x_{\infty},x_n) \leq \frac{q}{1-q} d(x_n,x_{n-1}) \leq \frac{q^n}{1-q}d(x_1,x_0).{\rm\quad[]}$$