2.5.1 Definition. Konvergenz von Reihen.
Unter einer Reihe verstehen wir einen Ausdruck der Form
.
]
unendliche Reihe der Glieder
Ein Reihe
heißt konvergent gegen
, wenn die Folge
der Partialsummen
gegen
konvergiert. Man schreibt dann auch
für diesen Grenzwert
.
]
Summe der Reihe
2.5.2 Definition. Uneigentliche Konvergenz von Reihen.
Wie für Folgen können wir auch bei Reihen von der uneigentlichen Konvergenz gegen
oder
sprechen.
2.5.3 Bemerkung. Reihen versus Folgen.
Jede Reihe
wird also durch die Folge ihrer Partialsummen
beschrieben. Umgekehrt definiert jede Folge
eine Reihe
durch
wobei wir
gesetzt haben, deren
Partialsummen gerade die gegebene Folge
sind.
Reihen sind also nur eine andere Schreibweise für Folgen , wobei man die Betonung auf den Zuwachs von einem Folgenglied auf das nächste legt.
Beachte, daß es für die Konvergenzbetrachtung keine Rolle spielt, ob wir die Partialsummen als oder für ein fixes als definieren, denn , wobei . Für die entsprechenden Grenzwerte gilt offensichtlich
2.5.4 Lemma. Geometrische Reihe.
Es konvergiert die geometrische
Reihe
genau dann, wenn
. Ihr Grenzwert ist
.
Beweis. Wegen der Summenformel ist für und somit genau dann konvergent, wenn . Im Fall ist divergent. []
2.5.5 Beispiel. Exponentialreihe und Euler'sche Zahl .
Die Reihe
ist konvergent.
Offensichtlich ist die Folge der Partialsummen
monoton wachsend. Sie ist aber auch nach oben beschränkt, denn (siehe
(2.5.9))
Weiters ist für
2.5.6 Lemma. Cauchy-Kriterium für Reihen.
Eine Reihe
konvergiert genau dann, wenn
für
Vgl. dies mit (2.4.6) für Folgen.
Beweis. Nach Definition ist genau dann konvergent, wenn die Folge der Partialsummen konvergiert, oder äquivalent eine Cauchy-Folge ist, d.h.
2.5.7 Definition. Absolute Konvergenz.
Eine Reihe
heißt absolut konvergent, wenn
die Reihe
ihrer absolut-Beträge konvergiert. Da die Partialsummen
von
monoton wachsend ist dies nach der Proposition (2.3.9) über
monotone Konvergenz genau dann der Fall, wenn (die Folge der Partialsummen) von
beschränkt ist.
Beachte, daß der Unterschied zwischen Konvergenz und absoluter Konvergenz nur im Unterschied zwischen und liegt.
2.5.8 Lemma. Absolute- impliziert Konvergenz.
Es sei
absolut konvergent. Dann ist
auch konvergent.
Beweis. Die Cauchy-Bedingung ist wegen erfüllt. []
Nun können wir die wichtigsten Methoden zur Konvergenzbestimmung von Reihen behandeln.
2.5.9 Proposition. Vergleichstest.
Es seien
und
zwei Reihen mit
für (fast alle)
Man sagt in dieser Situation, daß eine Minorante von und umgekehrt eine Majorante von ist.
Beweis. Es ist . []
2.5.10 Proposition. Wurzeltest.
Falls
beschränkt ist und
ist, d.h.
ein
existiert mit
für fast alle
, so ist
absolut konvergent.
Ist
für unendlich viele
, so ist die Reihe divergent.
Beweis. Aus folgt, daß eine nach (2.5.4) (konvergente) Majorante von ist, also letztere Reihe nach dem Vergleichstest (2.5.9) konvergiert.
Ist unendlich oft, so konvergiert nicht gegen 0, also ist nicht konvergent. []
2.5.11 Proposition. Quotiententest.
Falls
beschränkt ist und
ist, d.h.
ein
existiert mit
für fast alle
, so ist
absolut konvergent.
Ist jedoch fast immer so ist die Reihe divergent.
Beweis. Es ist
Andererseits folgt aus , daß keine Nullfolge sein kann. []
2.5.12 Proposition. Leibniz-Test.
Es sei
monoton fallend. Dann ist
genau dann
konvergent, wenn
ist.
Beweis. Es ist nur dann konvergent, wenn .
Umgekehrt erhalten wir
2.5.13 Cauchy'scher Verdichtungssatz.
Es sei
monoton fallend und nicht negativ. Dann ist
genau dann konvergent, wenn
es ist.
Beweis. ( ) Es ist
( ) Für ist
2.5.15 Test von Raabe.
Falls ein
existiert, s.d.
für fast
alle
ist, so konvergiert die Reihe
absolut.
Ist hingegen für fast alle , so divergiert .
Beweis. Es sei . Dann ist , also . Folglich ist monoton fallend und nach unten durch 0 beschränkt also konvergent. Folglich ist die Teleskopreihe ebenfalls konvergent und wegen auch die Reihe , d.h. ist absolut konvergent.
Aus folgt, daß das Vorzeichen von schließlich konstant, also o.B.d.A. ist und somit gilt. Folglich existiert ein mit für alle . Also ist und da die harmonische Reihe divergiert folgt aus dem Majorantentest, daß divergiert. []
2.5.16 Beispiele.
In den Anfängen der Analysis hatten die Mathematiker unbekümmert Reihen umgeordnet.
Das Beispiel
Ein noch raffinierteres Beispiel ist das folgende: Es sei
2.5.17 Definition. Unbedingte Konvergenz.
Eine Reihe
heißt unbedingt konvergent, wenn jede ihrer
Umordnungen
konvergiert (und zwar immer gegen den selben Grenzwert).
Dabei wird eine Umordnung durch eine bijektive Abbildung
beschrieben.
2.5.18 Riemann'scher Umordnungssatz.
Eine Reihe ist genau dann absolut konvergent, wenn sie unbedingt konvergiert.
Beweis. Sei zuerst absolut konvergent mit Partialsummen . Es sei ein Umordnung mit Partialsummen . Wegen dem Cauchy-Kriterium existiert zu ein mit . Nun wählen wir ein mit für alle . Dann ist , also ist die umgeordnete Reihe nach dem Cauchy-Kriterium absolut konvergent.
Umgekehrt sei nun zwar konvergent aber nicht absolut konvergent (und o.B.d.A. für alle ). Wir zerlegen mit . Dann ist . Beide Reihen müssen gegen divergieren, denn sonst wäre auch die andere konvergent. Mit und bezeichnen wir die Reihen die daraus durch Streichen aller 0-er entstehen. Wir wählen nun rekursive Indizes mit
Mit absolut konvergenten Reihen kann man recht ungestraft rechnen, wie folgende Resultate zeigen.
2.5.19 Lemma. Rechnen mit absolut konvergenten Reihen.
Falls
und
absolut konvergieren, so auch
.
Ist
absolut konvergent und
beschränkt, so ist
auch
absolut konvergent.
Der 2.Teil stimmt nicht für konvergente Reihen wie das Beispiel und zeigt.
Beweis. Der 1.Teil folgt sofort aus .
Der 2.Teil mittels (2.3.9) aus . []
2.5.20 Proposition. Konvergenz von Doppelreihen.
Es seien
und
absolut konvergent.
Sei
eine Anordnung der Produkte
.
Dann konvergiert
absolut und zwar gegen
gegen
.
Beweis. Wegen konvergiert die spezielle Anordnung der Produkte in stufenweise wachsenden Quadraten gegen die behauptete Größe. Für jede Anordnung ist
2.5.21 Folgerung. Cauchy-Produkt.
Sind die Reihen
und
absolut konvergent so auch
das Cauchy-Produkt
. []
2.5.22 Bemerkung.
Wir wollen nun Reihen der Form
untersuchen, also solche die aus den
komponentenweisen Produkt zweier Reihen entstehen.
2.5.23 Abel'sche partielle Summation.
Es sei
.
Dann ist
Beweis. Es ist und somit
2.5.24 Folgerung. Konvergenz von
.
Ist sowohl die Folge
also auch die Reihe
konvergent, so auch die Reihe
. []
2.5.25 Dirichlet'sche Test.
Es sei
beschränkt und
konvergiere monoton gegen 0.
Dann ist
konvergent.
Beweis. Da beschränkt ist und konvergiert, gilt gleiches auch für und die Teleskopreihe konvergiert (absolut). Somit konvergiert auch absolut. Das Resultat folgt nun mittels (2.5.24). []
2.5.26 Abel'sche Test.
Es sei
konvergent und
monoton und beschränkt.
Dann konvergiert
.
Beweis. Nach Voraussetzung sind und konvergent, also auch . Weiters ist die Teleskopreihe (absolut) konvergent und da beschränkt ist auch (absolut) konvergent. Das Resultat folgt nun mittels (2.5.24). []
Auch für Produkte können wir unendliche Versionen behandeln. Diese spielen aber keine so entscheidende Rolle.
2.5.27 Definition. Konvergente Produkte.
Eine Produkt
heißt konvergent, wenn die Folge der Partialprodukte
konvergiert.
2.5.28 Bemerkung. Dezimalbruchentwicklung.
Es sei
und eine Folge
von natürlichen Zahlen
vorgegeben.
Dann ist die Reihe
monoton wachsend und wegen
Sei nun umgekehrt . Dann existiert ein mit . Somit ist und es existiert analog ein mit . also
Für existiert ein mit und somit ist in einen Dezimalbruch entwickelbar und wir schreiben .
Die Darstellung ist eindeutig, denn wenn zwei verschiedene Darstellungen in nicht-abbrechende Dezimalbrüche sind, so sei minimal gewählt mit . Es ist da und o.B.d.A. . Dann ist , ein Widerspruch.
Für negative Zahlen entwickelt man in einen Dezimalbruch und schreibt .
Die Zahl 0 können wir allerdings auf diese Weise nur durch den abbrechenden Dezimalbruch darstellen.
Beachte die Schwierigkeiten die wir haben wenn wir die Grundrechnungsarten über die Dezimalbruchentwicklung einführen müßten.
Andreas Kriegl 2003-10-15