2.2 Metriken

Um die Fehler, die wir beim Approximieren machen abschätzen zu können, müssen wir die Distanz zwischen wahren und approximierten Objekt messen. Wir fassen die wesentlichen Eigenschaften der Distanzfunktion nun zusammen, um unabhängiger davon zu werden, welche Objekte wir vergleichen, wie z.B. reelle Zahlen, komplexe Zahlen, Punkte oder Kurven in der Ebene oder im Raum, etc. .


2.2.1 Definition. Metrik.
Die Abstands- oder auch Distanzfunktion \bgroup\color{demo}$ d:(x,y)\mapsto d(x,y):=\vert x-y\vert=\sqrt{\sum_k \vert x_k-y_k\vert^2}$\egroup, \bgroup\color{demo}$ d:\protect\mathbb{R}^p\times \protect\mathbb{R}^p\to\protect\mathbb{R}$\egroup oder \bgroup\color{demo}$ d:\protect\mathbb{C}^p\times \protect\mathbb{C}^p\to\protect\mathbb{R}$\egroup hat folgende Eigenschaften

(d0)
(Positiv) Definitheit: $ d(x,y)=0\Leftrightarrow x=y$
(d1)
Symmetrie: $ d(x,y)=d(y,x)$
(d2)
Dreiecksungleichung: $ d(x,z)\leq d(x,y)+ d(y,z)$
Allgemeine heißt eine Abbildung \bgroup\color{demo}$ d:X\times X\to\protect\mathbb{R}$\egroup eine Metrik auf einer Menge \bgroup\color{demo}$ X$\egroup, falls die Eigenschaften (d0), (d1) und (d2) erfüllt sind. Eine Menge \bgroup\color{demo}$ X$\egroup zusammen mit einer Metrik \bgroup\color{demo}$ d$\egroup heißt metrischer Raum. Beachte, daß jede Metrik \bgroup\color{demo}$ d(x,y)\geq 0$\egroup erfüllt, denn \bgroup\color{demo}$ 0=d(x,x)\leq d(x,y)+d(y,x)=2d(x,y)$\egroup.

Warum betrachtet man verschiedene Metriken? Man denke z.B. an das Problem den Abstand zwischen Personen zu beschreiben. Das erste was einen dabei in den Sinn kommt ist wohl die räumliche Distanz (allerdings ist nicht mehr klar von welchen Bezugspunkt aus gemessen). Aber man kann z.B. auch an Distanz im Stammbaum denken, also die minimale Anzahl von Schritten die nötig sind um im Stammbaum von einer zur anderen Person zu gelangen. Eine weitere Möglichkeit wäre die genetische Distanz, d.h. die Anzahl der Nukleoidpaare die in den DNS-Sequenzen verschieden sind (da haben wir allerdings mit eineiigen Zwillingen und mit Klonen Probleme)


2.2.2 Beispiele von Metriken.

$ \bullet$
Die euklidische Metrik: Sei $ X\subseteq \protect\mathbb{C}^n$. Dann ist

$\displaystyle d(x,y):=\vert x-y\vert:=\sqrt{\sum_{i=1}^n\vert x_i-y_i\vert^2}
$

eine Metrik auf $ X$ wegen der Dreiecksungleichung (2.2.4) für Längen von Vektoren.
$ \bullet$
Die Taxi-Metrik: $ d(x,y):=\sum_k\vert x_k-y_k\vert$ ist ebenfalls eine Metrik auf $ X\subseteq \protect\mathbb{C}^n$.
$ \bullet$
Die Maximums-Metrik: $ d(x,y):=\max\{\vert x_k-y_k\vert:1\leq k\leq n\}$ ist auch eine Metrik auf $ X$.
$ \bullet$
Die Supremums-Metrik: $ d(x,y):=\sup\{\vert x(t)-y(t):t\in T\}$ ist eine Metrik auf der Menge der Funktionen $ x:T\to\protect\mathbb{R}$, welche beschränkt sind, d.h. $ d(x,0)<{\infty}$ erfüllen.
$ \bullet$
Die Hamming-Metrik: Es sei $ X$ die Menge der endlichen Folgen von Elementen einer Menge $ A$ und sei $ d(x,y)$ die Anzahl der Stellen an welchen sich $ x=(x_1,\dots,x_n)$ von $ y=(y_1,\dots,y_m)$ unterscheidet.




2.2.3 Cauchy-Schwarz Ungleichung.

\bgroup\color{demo}$\displaystyle \sum_{k=1}^n \vert a_k\cdot b_k\vert \leq \sqrt{\sum_{k=1}^n a_k^2}\cdot \sqrt{\sum_{k=1}^n b_k^2}$\egroup    für \bgroup\color{demo}$\displaystyle a_k,b_k\in\protect\mathbb{R}.
$\egroup

Beweis. O.B.d.A. ist \bgroup\color{demo}$ A:=\sqrt{\sum_{k=1}^n a_k^2}>0$\egroup und \bgroup\color{demo}$ B:=\sqrt{\sum_{k=1}^n b_k^2}>0$\egroup. Wir setzen \bgroup\color{demo}$ \alpha _k:=\frac{a_k}{A}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ \beta _k:=\frac{b_k}{B}$\egroup. Dann ist

\bgroup\color{demo}$\displaystyle \sum_k \alpha _k\,\beta _k = \sum_k\sqrt{\alph...
...frac12\sum_k \alpha _k^2 + \frac12\sum_k \beta _k^2 =\frac12+\frac12=1,
$\egroup

wegen der Ungleichung \bgroup\color{demo}$ \sqrt{\alpha \beta }\leq \frac{\alpha +\beta }2$\egroup zwischen arithmetischen und geometrischen Mittel.     []




2.2.4 Minkowski Ungleichung.

\bgroup\color{demo}$\displaystyle \sqrt{\sum_{k=1}^n(a_k+b_k)^2}\leq \sqrt{\sum_{k=1}^n a_k^2}+\sqrt{\sum_{k=1}^n b_k^2}.
$\egroup

Beweis. O.B.d.A. sei \bgroup\color{demo}$ \sum_k(a_k+b_k)^2>0$\egroup. Es ist nach (2.2.3)

$\displaystyle \sum_k(a_k+b_k)^2$ $\displaystyle =\sum_k(a_k+b_k)a_k+\sum_k(a_k+b_k)b_k$    
  $\displaystyle \leq \sum_k\vert a_k+b_k\vert\,\vert a_k\vert+\sum_k \vert a_k+b_k\vert\,\vert b_k\vert$    
  $\displaystyle \leq \sqrt{\sum_k(a_k+b_k)^2}\cdot (\sqrt{\sum_k a_k^2}+\sqrt{\sum_k b_k^2})$    

und Division durch \bgroup\color{demo}$ \sqrt{\sum_k(a_k+b_k)^2}$\egroup liefert das gewünschte Resultat.     []


2.2.5 Definition. Bälle.
Es sei \bgroup\color{demo}$ d$\egroup eine Metrik auf einer Menge \bgroup\color{demo}$ X$\egroup, \bgroup\color{demo}$ x_0\in X$\egroup und \bgroup\color{demo}$ r>0$\egroup. Dann heißt die Menge \bgroup\color{demo}$ U_r(x_0):=\{x\in X:d(x,x_0)<r\}$\egroup der offene Ball um \bgroup\color{demo}$ x_0$\egroup mit Radius \bgroup\color{demo}$ r$\egroup oder auch $ r$-Umgebung. ] \bgroup\color{demo}$ U_r(x_0)$\egroup \bgroup\color{demo}$ r$\egroup-Umgebung, offene Ball um \bgroup\color{demo}$ x_0$\egroup mit Radius \bgroup\color{demo}$ r$\egroup Ebenso heißt die Menge \bgroup\color{demo}$ B_r(x_0):=\{x\in X:d(x,x_0)\leq r\}$\egroup der abgeschlossene Ball um \bgroup\color{demo}$ x_0$\egroup mit Radius \bgroup\color{demo}$ r$\egroup. ] \bgroup\color{demo}$ B_r(x_0)$\egroupabgeschlossene Ball um \bgroup\color{demo}$ x_0$\egroup mit Radius \bgroup\color{demo}$ r$\egroup In obigen Beispielen mit \bgroup\color{demo}$ n=3$\egroup sind dies

$ \bullet$
Eine Kugel
$ \bullet$
Ein Oktaeder
$ \bullet$
Ein Würfel
Image /home/andreas/tex/Books/math4ilak//pic-003.gif

Wenn wir die Euklidische Metrik auf \bgroup\color{demo}$ \protect\mathbb{R}$\egroup verwenden, d.h. \bgroup\color{demo}$ d(x,y):=\vert x-y\vert$\egroup, dann sind die Bälle um \bgroup\color{demo}$ x_0\in\protect\mathbb{R}$\egroup mit Radius \bgroup\color{demo}$ r>0$\egroup durch

$\displaystyle U_r(x_0)$ $\displaystyle :=\{x\in\protect\mathbb{R}:\vert x-x_0\vert<r\}$    
  $\displaystyle =\{x\in\protect\mathbb{R}:x-x_0<r,-(x-x_0)<r\}=\{x\in\protect\mathbb{R}:x_0-r<x<x_0+r\}$    
$\displaystyle B_r(x_0)$ $\displaystyle :=\{x\in\protect\mathbb{R}:\vert x-x_0\vert\leq r\}$    
  $\displaystyle =\{x\in\protect\mathbb{R}:x-x_0\leq r,-(x-x_0)\leq r\}=\{x\in\protect\mathbb{R}:x_0-r\leq x\leq x_0+r\}$    

gegeben. Dies führt zu folgender


2.2.6 Definition. Intervalle.
Unter einen Intervall \bgroup\color{demo}$ I\subseteq \protect\mathbb{R}$\egroup versteht man eine nicht-leere Teilmenge die mit je zwei Elementen \bgroup\color{demo}$ a,b\in I$\egroup auch alle dazwischenliegenden enthält. ] \bgroup\color{demo}$ I$\egroupzumeist ein IntervallJedes Intervall \bgroup\color{demo}$ I$\egroup ist also von der Form \bgroup\color{demo}$ I=\{x\in\protect\mathbb{R}:\alpha <x<\beta \}=:(\alpha ,\beta )$\egroup oder \bgroup\color{demo}$ I=\{x\in\protect\mathbb{R}:\alpha \leq x<\beta \}=:[\alpha ,\beta )$\egroup oder \bgroup\color{demo}$ I=\{x\in\protect\mathbb{R}:\alpha <x\leq \beta \}=:(\alpha ,\beta ]$\egroup oder \bgroup\color{demo}$ I=\{x\in\protect\mathbb{R}:\alpha \leq x\leq\beta \}=[\alpha ,\beta ]$\egroup, wobei \bgroup\color{demo}$ \alpha :=\inf(I)\in \protect\mathbb{R}\cup\{-{\infty}\}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ \beta :=\sup(I)\in\protect\mathbb{R}\cup\{+{\infty}\}$\egroup, ] \bgroup\color{demo}$ [\alpha ,\beta ]$\egroupabgeschlossenes Intervall ] \bgroup\color{demo}$ [\alpha ,\beta )$\egrouprechts-offenes Intervall ] \bgroup\color{demo}$ (\alpha ,\beta ]$\egrouplinks-offenes Intervall ] \bgroup\color{demo}$ (\alpha ,\beta )$\egroupoffenes Intervall denn einerseits ist \bgroup\color{demo}$ (\alpha ,\beta )\subseteq I$\egroup, denn aus \bgroup\color{demo}$ \alpha =\inf(I)<x<\sup(I)=\beta $\egroup folgt die Existenz von \bgroup\color{demo}$ a,b\in I$\egroup mit \bgroup\color{demo}$ \alpha \leq a\leq x\leq b\leq\beta $\egroup und somit liegt \bgroup\color{demo}$ x\in I$\egroup; umgekehrt ist \bgroup\color{demo}$ I\subseteq [\alpha ,\beta ]$\egroup, denn für alle \bgroup\color{demo}$ x\in I$\egroup gilt \bgroup\color{demo}$ \alpha =\inf(I)\leq x\leq\sup(I)=\beta $\egroup.




2.2.7 Lemma. Charakterisierung von Intervallen.
Eine mindestens 2-elementige Teilmenge \bgroup\color{demo}$ I\subseteq \protect\mathbb{R}$\egroup ist genau dann ein Intervall, wenn jeder Dedekind'sche-Schnitt von \bgroup\color{demo}$ I$\egroup eine Teilungszahl in \bgroup\color{demo}$ I$\egroup besitzt.

Beweis. Sei \bgroup\color{demo}$ I$\egroup ein Intervall und \bgroup\color{demo}$ (A,B)$\egroup ein Dedekind'scher Schnitt von \bgroup\color{demo}$ I$\egroup. Sei \bgroup\color{demo}$ A':=\{x\in \protect\mathbb{R}:\exists a\in A:x\leq a\}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ B':=\{x\in\protect\mathbb{R}:\exists b\in B:x\geq b\}$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ (A',B')$\egroup ein Dedekind'scher Schnitt von \bgroup\color{demo}$ \protect\mathbb{R}$\egroup und besitzt somit eine Teilungszahl \bgroup\color{demo}$ t\in\protect\mathbb{R}$\egroup. Für \bgroup\color{demo}$ a\in A\subseteq I$\egroup und \bgroup\color{demo}$ b\in B\subseteq I$\egroup ist \bgroup\color{demo}$ a\leq t\leq b$\egroup, also auch \bgroup\color{demo}$ t\in I$\egroup, da \bgroup\color{demo}$ I$\egroup ein Intervall ist.

Sei umgekehrt \bgroup\color{demo}$ I$\egroup eine Teilmenge von \bgroup\color{demo}$ \protect\mathbb{R}$\egroup, für die jeder Dedekind'sche Schnitt eine Teilungszahl besitzt. Sei \bgroup\color{demo}$ \alpha :=\inf(I)\in \protect\mathbb{R}\cup\{-{\infty}\}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ \beta :=\sup(I)\in\protect\mathbb{R}\cup\{+{\infty}\}$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ I\subseteq [\alpha ,\beta ]$\egroup. Sei \bgroup\color{demo}$ \alpha <t<\beta $\egroup und \bgroup\color{demo}$ A:=\{x\in \protect\mathbb{R}:x<t\}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ B:=\{x\in \protect\mathbb{R}:x\geq t\}$\egroup. Dann ist \bgroup\color{demo}$ (A,B)$\egroup ein Dedekind'scher Schnitt von \bgroup\color{demo}$ \protect\mathbb{R}$\egroup und auch von \bgroup\color{demo}$ I$\egroup und \bgroup\color{demo}$ t$\egroup ist seine Teilungszahl und somit nach Voraussetzung in \bgroup\color{demo}$ I$\egroup, d.h. das offene Intervall \bgroup\color{demo}$ (\alpha ,\beta )\subseteq I$\egroup, und somit \bgroup\color{demo}$ I$\egroup ein Intervall.     []


2.2.8 Definition. Beschränktheit.
Eine Teilmenge \bgroup\color{demo}$ M\subseteq X$\egroup eines metrischen Raumes heißt beschränkt, wenn ihr Durchmesser \bgroup\color{demo}$ d(M):=\sup\{d(x,y):x,y\in M\}$\egroup endlich ist. ] \bgroup\color{demo}$ d(M)$\egroupDurchmesser der Menge \bgroup\color{demo}$ M$\egroup Dies ist genau dann der Fall, wenn sie in einem Ball mit hinreichend großen Radius enthalten ist, denn:
( \bgroup\color{demo}$ \Leftarrow$\egroup) \bgroup\color{demo}$ M\subseteq B_r(x_0)$\egroup \bgroup\color{demo}$ \Rightarrow$\egroup \bgroup\color{demo}$ \forall x,y\in M$\egroup: \bgroup\color{demo}$ d(x,y)\leq
d(x,x_0)+d(x_0,y)\leq 2r$\egroup \bgroup\color{demo}$ \Rightarrow$\egroup \bgroup\color{demo}$ d(M)\leq 2r$\egroup.

( \bgroup\color{demo}$ \Rightarrow$\egroup) Es sei \bgroup\color{demo}$ d(M)<{\infty}$\egroup und \bgroup\color{demo}$ x_0\in M$\egroup, dann ist \bgroup\color{demo}$ M\subseteq B_{d(M)}(x_0)$\egroup, denn für \bgroup\color{demo}$ x\in M$\egroup ist \bgroup\color{demo}$ d(x,x_0)\leq d(M)$\egroup.

Andreas Kriegl 2003-10-15