Distributionentheorie
Lehrveranstaltungsnummer: 250376
Lehrveranstaltungstyp: VO
Stundenzahl: 4
Zeit und Ort: Mo 13--15 C 2.09 (UZA 4);
Mi 13--15 Seminarraum 2A310 (UZA 2)
Beginn: 6.3.2006
Allgemeines:
Die Theorie der Distributionen---oft auch verallgemeinterte Funktionen
genannt---ist eine Erweiterung der klassischen Analysis, die Mitte des
20. Jahrhunderts vor allem von Laurent Schwartz und Sergei Sobolev
entwickelt wurde.
In der Physik und den Ingenieurwissenschaften waren verallgemeinerte
Funktionen-Ideen in mehr oder weniger vager und exakter Form schon
lange und weit verbreitet (Kirchhoff 1882, Heaviside 1898, Dirac 1926) aber
erst die elegante (funktionalanalytische) Formulierung von Laurent Schwartz
(um 1945) brachte den ganz grossen Erfolg. Binnen kürzester Zeit nahm die
Theorie der Distributionen sowohl innerhalb der Funktionalanalysis, als auch
in Anwendungen (partielle Differentialgleichungen, theoretische Physik) einen
zentralen Platz ein.
Die Grundidee dieser Verallgemeinerung des Funktionsbegriffs ist es,
statt der ''klassischen'' Zuordnung ${\mathbb R} \ni x \mapsto f(x)$
die Zuordnung $\varphi \mapsto \int f(x) \varphi(x) dx$ zu betrachten, wobei
$\varphi$ Element eines geeigneten Funktionenraums $\cal{D}$ ist;
verallgemeinerte Funktionen sind also lineare, (stetige) Funktionale
auf ${\cal D}$. Dieser Begriffsrahmen ist besonders gut
geeignet, um für (klassisch)
nichtdifferenzierbare oder sogar unstetige Funktionen (etwa die
Heaviside'sche Sprungfunktion oder die Dirac'sche Deltafunktion) einen
Ableitungsbegriff zu entwickeln und eine reichhaltige Theorie
verallgemeinerter Funktionen zu ermöglichen.
Obwohl die größte Triebkraft hinter der Entwicklung der Distributionentheore
der Wunsch nach einer Erweiterung von Lösungskonzepten für partielle
Differentialgleichungen (schwache Lösungen, Fundamentallösungen)
war, erreichten die revolutionären Einwirkungen auf die Analysis von
(linearen) partiellen Differentialoperatoren insbesondere durch L. Hörmander
(seit Mitte der 1950er Jahre) unvorhergesehene Ausmaße.
Inhalt: In der Vorlesung wird die Theorie der Distributionen auf
''elementarem'' Niveau (also ohne Einbeziehung der Theorie lokalkonvexer
Vektorrä,ume) entwickelt; gemä,ß der Rolle der Distributionentheorie als
"analytische Technologie".
Als Hauptreferenz wird uns das Buch von F.G.
Friedlander und M. Joshi ("Introduction to the Theory of Distributions",
2nd Edition, Cambridge Universtiy Press, 1998) dienen.
Kerninhalte für etwa 2/3 der Vorlesung sind
- Testfunktionen und Distributionen
- Differentialoperatoren
- Faltung, Fundamentallösungen
- Temperierte Distributionen und Fourier Analysis.
Danach werden wir je nach Lust und Laune sowie Vorbildung
der HörerInnen einige der folgenden Themen mehr oder weniger
ausführlich besprechen.
- Regularität
- Operatorkerne
- Mikrolokale Analysis
- Ausbreitung von Singularitäten
- Distributionen auf Mannigfaltigkeiten.
Literatur: Eine kommentierte Literaturliste befindet sich
hier.
Bemerkung: Diese Vorlesung bietet
einen Einstieg in das Arbeitsgebiet der Forschungsgruppe
DiANA
und kann so als Vorbereitung auf eine Diplomarbeit innerhalb
der Gruppe dienen.
Voraussetzung zum erfolgreichen Besuch der Lehrveranstaltung
sind vor allem solide Analysis-Kenntnisse etwa im Umfang der
Grundvorlesungen Analysis 1-3 bzw. Analysis für Physik 1,2. Der
Besuch der Vorlesung ist daher schon ab dem 4. Semseter möglich.
Etwas Toplogie ist wünschenswert aber nicht unbedingt erforderlich.
Querbezüge zur Funktionalanalysis (lokalkonvexe Vektorräume) werde
ich je nach Publikumswunsch und Vorbildung der TeilnehmerInnen
mehr oder weniger einbringen. Wer Kenntnisse aus partiellen
Differentialgleichungen oder der theoretischen Physik mitbringt
wird die Anwendungsaspekte der Vorlesung mehr zu geniessen wissen...
Zielpublikum: Diplomstudierende der Mathematik und insbesondere
auch der (theoretischen) Physik; alle die Lust und Interesse
am Thema haben---etwa Lehramstudierende der Mathematik.
Positionierung im Studienplan:
Diplomstudium Mathematik, 2. Abschnitt, Studienschwerpunkt Analysis.
Prüfungen: mündlich; individuelle Terminvereinbarung.